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Myanmar: Besuch im Rebellengebiet
Aus Echo der Zeit vom 28.02.2024. Bild: Reuters/ANN WANG
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Rebellen im Dschungel Bei der ältesten Rebellengruppe Myanmars

Zahlreiche ethnische Minderheiten in Myanmar kämpfen gegen die Militärjunta. Zu ihnen gehören auch die Karen.

Das kleine, schmale Boot tuckert über den lehmfarbigen Fluss. Unbemerkt von den thailändischen Grenzposten passiert es die Grenze in Richtung Myanmar.

Das Gebiet befindet sich unter der Kontrolle der «Karen National Union» – kurz KNU: Die älteste ethnische Rebellengruppe kämpft seit sieben Jahrzehnten für Autonomie.

Wer sind die Karen?

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Etwa vier bis sieben Millionen Menschen werden den Karen zugerechnet, genaue Zahlen sind keine bekannt. Die Karen bestehen ihrerseits aus verschiedenen ethnischen Gruppen, von denen die meisten im Osten Myanmars leben – im Grenzgebiet zu Thailand.

Die Karen National Union (KNU) wurde nach der Unabhängigkeit Burmas von Grossbritannien gegründet. Sie setzte sich erst für einen eigenen unabhängigen Staat und später für weitgehende Autonomie ein.  

Seit dem erneuten Militärputsch vor drei Jahren hat die KNU ein zuvor abgeschlossenes Waffenstillstandsabkommen mit der Regierung Myanmars als nichtig erklärt.

Vom Flussufer geht es zu Fuss weiter zum Hauptquartier der KNU. Im Dschungel stehen einfache Häuser, viele aus Holz und mit Blechdächern. Es wirkt wie ein kleines abgelegenes und unscheinbares Dorf im Nirgendwo – und nicht wie das Hauptquartier einer Rebellengruppe.

Der Grenzfluss Moei zwischen Thailand und Myanmar.
Legende: Der Grenzfluss Moei zwischen Thailand und Myanmar. SRF/Martin Aldrovandi

Hier empfängt Saw Kler Say – er ist Sprecher der KNU – und korrigiert den ersten Eindruck. Für die Karen und für die Revolution sei das Hauptquartier der wichtigste Ort.

Hierher könnten sich Kämpfer von der Front zurückziehen, es wird Nachschub organisiert. Die Nähe zur thailändischen Grenze bietet mehr Sicherheit als Orte, die sich weiter im Landesinnern befinden.

Das versteckte Hauptquartier der KNU.
Legende: Das versteckte Hauptquartier der KLNA, dem bewaffneten Arm der KNU. SRF/Martin Aldrovandi

Seit dem Putsch vor drei Jahren haben sich enttäuschte Burmesinnen und Burmesen aus den Städten dem bewaffneten Arm der KNU angeschlossen, um gemeinsam gegen die verhasste Militärjunta zu kämpfen.

Früher als «Terroristen» angesehen

Es sei wichtig, dass die demokratischen Kräfte zusammenarbeiteten, nur so könnten sie die Junta besiegen. «Von vielen Burmesen sind wir früher als Terroristen angesehen worden», sagt Saw Kler Say. Diese hätten auf die Karen herabgeschaut. Seit dem Putsch hätten aber nicht wenige ihre Meinung geändert.

Ein Bild von KNU-Sprecher Saw Kler Say.
Legende: KNU-Sprecher Saw Kler Say: «Früher haben uns viele Burmesen als Terroristen angesehen.» SRF/Martin Aldrovandi

Zu ihnen gehört auch Maung, der burmesische Arzt hat sich vor zweieinhalb Jahren den Rebellen angeschlossen. Er bedauere, dass er vor dem Coup so wenig über die ethnischen Minderheiten gewusst habe, sagt Maung. Jetzt wolle er sein Bestes geben, um den Menschen hier zu helfen. Maung heisst in Wirklichkeit anders. Seine Eltern leben noch immer im Kernland Myanmars, das von der Junta kontrolliert wird. Zu ihrem Schutz möchte er seine Identität geheim halten.

Der junge Arzt führt durch das einstöckige Spital mit einer Kapazität von 40 Betten. Im Wartebereich liegt eine Ziege am Boden, zwischen den Betten laufen Hunde herum. Weder das Personal noch die Patientinnen und Patienten scheinen sich daran zu stören. Der kleine Operationssaal sei aber ganz steril, versichert Maung.

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Aus dem Archiv: Myanmar – Breiter Widerstand gegen die Militärjunta
aus International vom 15.10.2022. Bild: REUTERS / Unabhängiger Fotograf
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In Betrieb ist das Spital seit 2021, dank medizinischem Personal aus den Städten, das nach dem Coup die Seiten gewechselt habe, erklärt Saw Diamond Khin, Direktor für Gesundheit und Wohlfahrt der Karen National Union.

Sorgen vor Bombardierung

Das Spital wurde zu einem grossen Teil mit Spenden finanziert, von internationalen Nichtregierungs-Organisationen und privaten Geldgebern. Saw Diamond Khin erklärt, er bete jeden Abend, dass nichts passiere. «Wir machen uns Sorgen, dass Kampfflugzeuge kommen und uns bombardieren», so Saw Diamond Khin. Wie man in anderen Bezirken gesehen habe, würden diese ihre Ziele sehr genau treffen.

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Schwierige Bedingungen für Hilfsorganisationen in Myanmar
aus Echo der Zeit vom 08.11.2023. Bild: AP Photo/David Longstreath
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Noch sei man hier aber relativ sicher, auch wenn er manchmal eine Drohne sehe, so Saw. Er weiss nicht, um was für eine es sich handelt. Dafür fehle den Leuten hier die Expertise.

China und Russland liefern Waffen an das Regime

Die Militärjunta musste in den vergangenen Monaten an mehreren Fronten empfindliche Niederlagen einstecken. Und doch ist sie besser ausgerüstet als ihre Gegner – laut UNO-Untersuchungen liefern Staaten wie Russland oder China Waffen an das Regime.

Die KNU und ihr bewaffneter Arm, die KLNA, können dafür auf die Unterstützung von zahlreichen Aktivistinnen, Armeeüberläufern und freiwilligen Kämpfern zählen.

Bewaffnete Soldaten patrouillieren in einer felsigen Umgebung.
Legende: Truppen der Karen nähern sich einem Aussenposten der Armee von Myanmar nahe der thailändischen Grenze. (Bild: 28. April 2021) REUTERS/Athit Perawongmetha

Mon ist einer von ihnen, er ist Mitte zwanzig, trägt einen grünen Tarnanzug. Auch Mon heisst in Wirklichkeit anders. Vor dem Militärputsch lebte er wie viele seiner Landsleute als Arbeitsmigrant in Thailand. Kurz nach dem Putsch habe er sich entschieden, in seine Heimat zurückzukehren, und gegen das Regime zu kämpfen.

«Ich habe eigentlich immer Angst»

Im Dschungel erhielt er eine militärische Grundausbildung. Das harte Training nur eineinhalb Monate, dann ging es an die Front. «Ich habe eigentlich immer Angst», sagt Mon. Am meisten von Artillerie-Beschuss und vor Angriffen aus der Luft. Besonders schlimm sei es, wenn Kameraden getötet würden, sagt Mon.

Plötzlich waren wir umzingelt, zwei Kameraden kamen dabei ums Leben.
Autor: Mon Kämpfer beim bewaffneten Arm der KNU

Einmal habe jemand wegen eines Missverständnisses zu früh geschossen, erzählt er. «Plötzlich waren wir umzingelt, zwei Kameraden kamen dabei ums Leben.» Erst am nächsten Morgen hätten sie ihre Leichen gefunden.

Ein Bild von Soldaten der Militärjunta.
Legende: Die Militärjunta von Myanmar und die KNU kämpfen seit 74 Jahren gegeneinander. (Bild: 27. März 2017) Reuters/Soe Zeya Tun

Vergessen kann Mon solche Vorfälle nicht, aber er versucht möglichst nicht daran zu denken. Aufgeben, sagt Mon, komme für ihn nicht in Frage. Er habe sich vor drei Jahren für diesen Weg entschieden, und werde ihn weitergehen, bis zum Ende.

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Myanmar: Angst vor der Wehrpflicht
aus Rendez-vous vom 26.02.2024. Bild: KEYSTONE/AP Photo
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Echo der Zeit, 28.02.2024, 18 Uhr

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