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Dermatologe Martin Theiler zum Thema Krätze
Aus Morgengast vom 19.04.2024. Bild: imago images / keystone / Montage: SRF
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Milbenplage auf dem Vormarsch Krätze: Schwer zu erkennen, schwer loszuwerden

Seit Beginn des Jahres häufen sich in der Schweiz Meldungen über die Verbreitung der «Krätze». Was die Krankheit genau ist, woher sie kommt und was man wirklich dagegen tun kann.

Die Krankheit: Die Krätze ist eine Hauterkrankung, die von Skabiesmilben verursacht wird. Der medizinische Fachbegriff für die Krankheit ist dementsprechend «Skabies». Die rund 0.4 Millimeter grossen Skabiesmilben befallen die Haut und graben kleine Kanäle in die oberste Hautschicht. Dort legen die Parasiten Eier und hinterlassen Kotbällchen. Unser Immunsystem reagiert: Es bilden sich rote Punkte oder Pusteln, die extrem jucken. Wir haben die Krätze – und kratzen uns.  

Die Skabiesmilbe: ein auf Menschen spezialisierter Parasit

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Legende: Imago Images / Science Photo Library

Die Skabiesmilbe Sarcoptes scabiei var. hominis ist auf Menschen spezialisiert. Sie wird nur von Mensch zu Mensch übertragen. Einmal auf unserer Haut, bohrt sie sich innert 20 bis 30 Minuten in die obere Hautschicht. Dort ernährt sie sich von abgestorbenen Hautzellen und legt Eier. Nach zwei bis drei Tagen schlüpfen die Larven und wandern an die Hautoberfläche. Sind die Larven nach weiteren zwei bis drei Wochen geschlechtsreif, gehen sie zurück in die Haut. Die Weibchen können bis zu zwei Monate in unserer Haut überleben.

Die Milbe hat sich so ausgeklügelt auf den Menschen spezialisiert, dass unser Immunsystem lange braucht, um auf die Eier, Kotbällchen und Milben zu reagieren. Erst zwei bis fünf Wochen nach dem Befall zeigen wir Symptome, also die Hautkrankheit. Übertragen können wir Skabies aber immer, auch symptomfrei.

Die Übertragung: Skabies wird durch Haut-zu-Haut Kontakt übertragen. Die Milben bewegen sich allerdings sehr langsam. Kurzes Händeschütteln und Bussi links, Bussi rechts reicht nicht für eine Übertragung. Dazu braucht es schon intensiveren, längeren Kontakt wie kuscheln, raufen, spielen oder ein Bett, das man sich teilt.

Die Häufigkeit: Die Krätze wurde schon in der Bibel beschrieben, und oft kennt man sie aus historischen Erzählungen. Auch wenn es sich vielleicht so anfühlt, als wäre die Krätze «ausgestorben» – das war sie nie. Jeder und jede kann die Krätze bekommen, und das auf der ganzen Welt. In der Schweiz ist Skabies nicht meldepflichtig, genaue Zahlen zum Vorkommen und der Entwicklung fehlen daher. Fachärzte und Fachärztinnen für Dermatologie und Pädiatrie sind aber in den vergangenen zehn Jahren wieder häufiger mit Skabies konfrontiert – nicht ohne Probleme. Denn zur korrekten Diagnose und Behandlung fehlt manchmal die Erfahrung.

Die Diagnose: Tatsächlich ist die Krätze nicht einfach zu erkennen. Denn rote Punkte oder Pusteln, das kann auch ein ganz normales Ekzem sein. Wenn der Juckreiz vor allem nachts im warmen Bett auftritt, ist das ein guter Hinweis. Auch der Ort, an dem die Pusteln auftreten: Denn die Skabiesmilbe bevorzugt Körperstellen, an denen unsere Haut eher dünn ist. Die Haut zwischen den Fingern und Zehen, an den Hand- und Fussgelenken, in den Achselhöhlen und im Genitalbereich sind oft betroffen. Bei Kindern auch der Kopf- und Nackenbereich. Ein geschultes Auge sieht sogar die Kanäle der Skabiesmilben. Sicher gehen können Dermatologen und Dermatologinnen mit einem geeigneten Mikroskop: Damit kann man die Milben unter der Haut sehen.

Der beste Schutz: Die Krätze kann man gut behandeln. Besonders wichtig ist aber, wer alles behandelt wird. Ist ein Familienmitglied betroffen, muss die gesamte Familie behandelt werden. Genauer gesagt: alle Personen, die im engen Kontakt stehen. Das ist äusserst wichtig zum Schutz vor weiteren Ansteckungen, wird aber noch nicht immer konsequent gehandhabt. Behandelt wird mit einer Creme oder Tabletten. Besonders sorgfältiges Vorgehen ist auch hier gefragt – und nicht ganz einfach.

So wird richtig therapiert

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Legende: Krätze-Creme muss zehn bis zwölf Stunden einwirken imago images

Die Creme und die Tabletten haben die gleiche Wirkung auf die Skabiesmilbe: Sie wirken wie ein Nervengift, die Milben werden gelähmt und somit getötet. Die Creme wird auf dem gesamten Körper aufgetragen, auch in den Ohren und unter den Fingernägeln, bei Kindern sogar auf der Kopfhaut. Nur die Augen- und Mundpartie kann ausgespart werden.

Die Creme muss zehn bis zwölf Stunden einwirken. Das Prozedere wird sieben bis zehn Tage danach wiederholt, damit auch sicher alle geschlüpften Larven getötet werden. Gleiches gilt für die Tablette: auch sie muss bis zu zwei Wochen nach der ersten Einnahme noch einmal geschluckt werden.

Problematisch ist, dass die Creme oft nicht umfassend genug aufgetragen oder versehentlich zu früh abgewaschen wird. Bei Kleinkindern ist die vollständige Einnahme der Tablette nicht immer gewährleistet.

Die Gefahr: Die Krätze an sich ist nicht gefährlich. Das Jucken aber verführt zu starkem Kratzen. So können Wunden in der Haut entstehen, die ein Eingangstor für Bakterien sind und Entzündungen hervorrufen können. Komplikationen treten vor allem durch solch bakterielle Superinfektionen auf, die mit Antibiotika behandelt werden müssen.

Die Häufung: Es ist wie mit den Läusen: Skabies breitet sich dort aus, wo viele Menschen eng zusammenkommen. Die globalen Krisen im letzten Jahrzehnt und das Reiseverhalten der Bevölkerung ist sind mögliche Erklärungen, warum die Krankheit nun wieder vermehrt auftritt. Die genauen Gründe sind aber nicht klar, auch dazu fehlen die Daten.

Radio SRF1, «Morgengast», 19.04.2024, 07:17 Uhr

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