Früher war es einfach: Wer im Restaurant ein Bier bestellen oder bezahlen wollte, der rief einfach nach dem «Fräulein». Seit 1996 ist dieses aber offiziell ausgestorben. Die Bundeskanzlei gab damals in einem «Leitfaden für geschlechtergerechte Sprache» bekannt, dass diese Anrede nicht mehr benutzt werden soll. Weder schriftlich noch mündlich und auch nicht im Restaurant.
Ich schnippe, auch wenn das vielleicht unhöflich ist oder ich lächle nett.
Aber wie ruft man jetzt korrekt nach dem Servicepersonal? «Espresso» fragt Gäste im Sternen in Frauenfeld. Und schnell wird klar: Es herrscht Uneinigkeit, wenn nicht sogar eine gewisse Ratlosigkeit: «Ich sag immer noch Fräulein, was soll ich denn sonst rufen?», «Hallo, zahle!» «Ich rufe einfach nur Entschuldigung.», «Ich schnippe, auch wenn das vielleicht unhöflich ist oder ich lächle nett.» Ein anderer Gast fände wünschenswert, dass das Servicepersonal ein Namensschild trägt: «Dann kann ich direkt nach Silvia oder Frau Meier rufen.»
Heute tragen die meisten Serviceangestellten ein Namensschild, daher würde ich sie persönlich ansprechen.
Letzteres ist ganz nach dem Geschmack von Gastrosuisse. Direktor Remo Fehlmann empfiehlt, das Servicepersonal wenn möglich mit Namen anzusprechen: «Heute tragen die meisten Serviceangestellten ein Namensschild, daher würde ich sie persönlich ansprechen.» So könne man auch eine gute Bindung aufbauen. Ist das Personal «namenlos», sei zum Beispiel «Service, zahlen bitte!» akzeptabel.
«Fräulein» ist endgültig vom Tisch
Damit kann auch Christoph Stokar leben. Er ist Autor des Schweizer Knigge und kennt die Benimmregeln in Restaurants bestens. Der Vorteil dieser Variante: «Service» ist geschlechtsneutral, geht also auch für die Kellner.
Allerdings – so findet der Knigge-Experte – ist das Rufen nach dem Service im Idealfall nicht nötig: «Gut geschultes Personal sollte seine Gäste immer im Auge haben, sodass ein Blickkontakt oder ein kleines Handzeichen genügt.»
Ein ‹Hallo› im Kasernenhofstil quer durchs ganze Restaurant ist nicht akzeptabel.
Und was geht gar nicht? Da kommt Christoph Stokars Antwort schnell: «Ein ‹Hallo› im Kasernenhofstil quer durchs ganze Restaurant ist nicht akzeptabel. Auch Schnippen oder Pfeifen geht natürlich nicht.» Ebenso ist Anfassen absolut tabu. Und was das «Fräulein» betrifft, ist für ihn ebenfalls klar: «Das geht heute unter keinen Umständen mehr.»
Somit heisst es wohl, sich endgültig umgewöhnen. Und wer mit den neuen Alternativen so gar nichts anfangen kann, dem bleibt – wenn es um die Rechnung geht – vielleicht noch die Variante dieses Gastes im Sternen: «Ich schaue einfach, dass die anderen zahlen.»