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Indiskrete Postfinance: App zeigt fremde Konti auf Handy an
Aus Kassensturz vom 02.06.2015.
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Geld Indiskrete Postfinance: App zeigt fremde Konten auf Handy an

Für den Notfall vorsorgen und der Schwester oder dem Sohn eine Bankvollmacht ausstellen, diese Vorkehrung treffen viele. Mit der Postfinance-App geben sie damit ihren Angehörigen auch gleich noch Einblick in ihr Konto und die letzten Bewegungen. Das geht «Kassensturz»-Zuschauern doch zu weit.

Mit einer Vollmacht für den Notfall vorsorgen, das wollte auch Sonja Reber. Sie dachte, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr fähig sein sollte, Rechnungen zu bezahlen, dann könnte ihre Tochter das für sie erledigen. Vor mehr als zehn Jahren stellte sie ihr deshalb eine Vollmacht für ihr Bankkonto aus. Sie unterschrieb, dass sie ihrer Tochter die Befugnis erteilt, sie gegenüber der Postfinance rechtsgültig zu vertreten. Es war ihr klar, dass sie ihrer Tochter umfassende Rechte einräumte.

Sonja Reber hatte gar nicht mehr an diese Vollmacht gedacht, bis ihre Tochter sie darauf hinwies, dass sie nun auf der Postfinance-App Einblick in das Konto der Mutter hatte, den Saldo und die letzten Bewegungen einsehen könne. Der Tochter war es nicht recht, denn umgekehrt hätte sie das auch nicht gewollt. Und Sonja Reber kritisiert die fehlende Privatsphäre, auch wenn ihre Tochter ihre Vertrauensperson ist.

Vollmachtgeber hat keine Kontrolle

Wie kann das sein? Die Postfinance-App führt auch Konten auf, auf der Kontoinhaber nur eine Vollmacht haben. Die Konten erscheinen ganz einfach, wenn man im Menü auf «weitere Konti anzeigen» geht.

Neben den eigenen Konten kann so Sonja Rebers Tochter auch Einblick in das Konto der Mutter bekommen. Man kann Konten auch deaktivieren, dann erscheinen sie nicht auf der Anzeige, aber der Vollmachtgeber hat keine Kontrolle darüber.

So einfach mit einem Click Einblick auf ihr Konto? Ohne, dass die Bank sie angefragt hätte? Das geht Sonja Reber zu weit. Sie findet die Bank hätte sie darüber informieren sollen, was die Folgen der neuen App sind.

Andere Banken bauen Hürden ein

So einfach wie bei der Postfinance erhält man bei andern Banken nicht Einblick in ein Konto mit Vollmacht. Fast alle grossen Schweizer Banken bieten ihren Kunden Bankgeschäfte via Natel an. Doch nicht alle machen es den Vollmacht-Inhabern so leicht, wie diese «Kassensturz»-Umfrage zeigt:

Die Postfinance bestätigt auf Anfrage von «Kassensturz», dass Kunden sich mit der App einfach Einblick in Konten mit Vollmacht verschaffen können.

Und es sei nachvollziehbar, dass dies zu Fragen führe, wenn eine Vollmacht nur für den Notfall ausgestellt worden sei. Nur: Für eine Bank sei nicht ersichtlich, zu welchem Zweck eine Kunde eine Vollmacht erteilt habe. Aber die Postfinance weist darauf hin: «Es ist zentral, dass man sich bei der Ausstellung einer Vollmacht deren rechtlicher Wirkung bewusst ist. Eine bevollmächtigte Person hat praktisch genau die gleichen Rechte über ein Konto wie der Kontoinhaber selbst.» Sonja Reber hat sich entschieden, sie will die Vollmacht zurückziehen.

Was schlägt die Postfinance Kunden vor, die keine Einsicht in ihre Konten wollen?

Deaktivieren der Ansicht in der App

Das Deaktivieren der Ansicht in der App ist die einfachste und effizienteste Lösung, da die Vollmacht weiterhin besteht. Der Bevollmächtigte kann das Konto aber jederzeit, auch ohne Wissen des Vollmachtgebers, wieder im Schnellservice
aktivieren.
Ausschliessen des Kundenstamms
für den Gebrauch via Schnellservice


Durch das Ausschliessen des Kundenstamms für den Gebrauch via Schnellservice kann das Konto im Schnellservice nicht mehr aktiviert werden. Damit können die unter diesem Kundenstamm geführten Konten aber gar nicht mehr mit dem Schnellservice zu nutzen, d.h. auch nicht selber in der eigenen App.
Widerruf der Vollmacht

Durch den Widerruf der Vollmacht kann das Konto im Schnellservice nicht mehr aktiviert werden. Allerdings würde damit die Vollmacht generell gelöscht, womit auch im Notfall der Zugriff auf das Konto nicht mehr möglich wäre.

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