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Stereotypen im Theater Nicht jeder kann den Helden spielen

«Der Dümmling» oder «Die Mutter»: Früher war jedem Schauspieler und jeder Schauspielerin eine fixe Rolle zugeteilt. Sechs Beispiele.

  • 1. «Der Held»

    Eine Illustration eines Helden mit einem Schwert.
    Legende: SRF/Cecilia Bozzoli

    Romeo oder Wilhelm Tell – beliebte Heldenrollen von Shakespeare und Schiller tugendhaften Jünglingen, voller Leidenschaft, stolz und Kampfgeist.

  • 2. «Die jugendliche Liebhaberin»

    Illustration der jugendliche Liebhaberin
    Legende: SRF/Cecilia Bozzoli

    Zart und schwach – dies war das Idealbild der jugendlichen Liebhaberin. Kräftige Damen erhielten derartige Rollen kaum. Mit steigendem Alter und dem Wechsel von der jugendlichen Liebhaberin zur Mutter gab es erst noch weniger Gage.

  • 3. «Die Mutter» / «Die Intrigantin» / «Die komische Alte»

    Ilustration einer Mutter / Intrigantin / komische Alte
    Legende: SRF/Cecilia Bozzoli

    Können ältere Frauen nur Mütter, komisch oder intrigant sein? Kamen die Schauspielerinnen in ein gewisses Alter, bot das ihnen das stereotype Rollenfachsystem kaum mehr Spielraum für interessante Figuren und Charaktere.

  • 4. «Die Vaterfigur» / «Der König»

    Illustration eines Königs.
    Legende: SRF/Cecilia Bozzoli

    Weiser Vater, strenger König: An Rollen für ältere Männer mangelte es nicht. Auch in Bezug auf Aussehen und Statur war hier auf der Bühne vieles möglich. Ob Bauchansatz oder Glatze – der vermeintlichen Autorität der Vaterfigur tat dies jedenfalls keinen Abbruch.

  • 5. «Die jugendliche Naive»

    Illustration einer Zofe.
    Legende: SRF/Cecilia Bozzoli

    Standesunterschiede bieten jede Menge Potential für attraktive Erzählstoffe. Eine typische Rolle aus dem niederen gesellschaftlichen Milieu war die der Zofe, in der Oper auch Soubrette genannt.

  • 6. «Der Dümmling» oder «Der Stallbursche»

    Illustration eines Dümmlings.
    Legende: SRF/Cecilia Bozzoli

    Nicht jeder kann ein Held sein.Bestraft, wer nur der Stallbursche war. Doch der Dümmling ist manchmal wichtig und kann Dinge sagen, die dem Adligen verwehrt bleiben.

Woher kommt das «Rollenfach»?

Am Anfang war die «Commedia dell’arte»: eine italienische Theatergattung, deren Spiel auf festgelegten Typen basierte. Später verlangten Stücke von Autoren wie Lessing, Molière und Shakespeare einen Grundstock von Kernrollen.

Auch im 18. und 19. Jahrhundert bestimmte das sogenannte «Rollenfach» den Theaterbetrieb – und damit Typenbezeichnungen wie «Der Held», «Die jugendliche Liebhaberin» oder «Der weise Vater».

Als künstlerisches Prinzip überholt

Wollte eine Truppe beliebte Tragödien und Komödien zeigen, mussten die Schauspieler dementsprechend ausgewählt und besetzt sein.

Wirtschaftlich rentabel waren kleinere Theater nur dann, wenn viele Fähigkeiten auf einen möglichst kleinen Kreis von Schauspielern verteilt waren. Später hingegen waren Schauspieler in grösseren Häusern teilweise zeitlebens auf eine Figur festgelegt.

Komplexe Charaktere

Mit der Verbreitung von Henrik Ibsens Dramen verlor das Rollenfach in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an Bedeutung. Ibsens Figuren waren als komplexe psychologische Charaktere gezeichnet, die sich nicht auf Stereotypen reduzieren liessen.

Das Rollenfach verschwand als Kunstverständnis. Aber auf struktureller Ebene existierte es weiterhin.

«Man besetzt die Rollen falsch und gedankenlos»

Ganz im Gegensatz zur freien Szene besetzen einige Stadttheater ihre Ensembles bis heute den Rollenfächern entsprechend.

Eine fragwürdige Praxis der klischeehaften Rollenverteilung, die Bertolt Brecht 1951 kritisierte: «Man besetzt die Rollen falsch und gedankenlos. Als ob alle Köche dick, alle Bauern ohne Nerven, alle Staatsmänner stattlich wären. Als ob alle, die lieben, und alle, die geliebt werden, schön wären!»

Die Illustrationen hat Cecilia Bozzoli, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen gezeichnet. Modell standen die Schauspielschüler Marie Schmidt und Dominic Hartmann.

Zwölf Schauspielschüler

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Die SRF-Reportage «Zwölf Schauspielschüler» begleitet Schauspielstudierende der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) durch ihre Ausbildung. Im zweiten Studienjahr beschäftigt die jungen Schauspieler die Frage, welche Rollen zu ihnen passen.

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