Hirut ist 14 Jahre alt, als sie auf dem Heimweg von der Schule verschleppt und vergewaltigt wird. Danach hätte sie ihren Peiniger heiraten müssen. Entführung und anschliessende Zwangsehe sind bei der ländlichen Bevölkerung in Äthiopien eine alte Tradition. Doch Hirut erschiesst auf der Flucht ihren Entführer. Sie wird verhaftet.
Weil Hirut sich der Tradition widersetzt hat, soll sie zum Tode verurteilt werden. Die Anwältin und Frauenrechtlerin Meaza Ashenafi setzt sich für das Mädchen ein. Dabei lehnt sich Ashenafi nicht nur gegen das Rechtssystem auf, sondern auch gegen die alten, frauenverachtenden Traditionen einer patriarchalischen Gesellschaft.
Das stärkste Zitat
Anwältin Meaza Ashenafi ist verzweifelt und holt sich Rat bei einem vertrauten Anwalt: «In keinem einzigen Fall von Notwehr wurde bisher zugunsten einer Frau entschieden. Kannst du dich an den letzten Gerichtsentschluss erinnern? Weil ein Mädchen von ihrem Kidnapper schwanger wurde, verordnete der Richter sie dazu, ihren Vergewaltiger zu heiraten. Und das, obwohl weder sie noch ihr Vater vorher zu einer Ehe einwilligten. Du hast Recht, das Gesetz muss geändert werden.»
Die Frau hinter der Story
Meaza Ashenafi, die starke Anwältin im Film, gibt es wirklich. Die Powerfrau ist die Gründerin der «Ethiopian Woman Lawyers Association», eine Rechtshilfe-Organisation für mittellose Frauen in Äthiopien. Sie brachte 1996 Hiruts Präzedenzfall durch und verklagte dafür sogar den äthiopischen Justiz-Minister. Meaza Ashenafi hat es als Frauenrechtlerin zu weltweitem Ansehen geschafft. Wie Hirut wuchs sie in einer ländlichen Gegend Äthiopiens auf. Sie hatte acht Geschwister, darunter vier Brüder. Weil ihre Mutter sich dafür stark machte, dass die Schwestern mit den Brüdern gemeinsam zur Schule gingen, konnte Meaza Ashenafi später Jura studieren. Dieses Glück haben nur wenig Mädchen in den ländlichen Gegenden Äthiopiens.
Fakten, die man wissen sollte
«Telefa», so heisst die alte Tradition der Mädchenentführung zur Zwangsheirat. Der brutale Ritus ist hauptsächlich im ländlichen Äthiopien verbreitet. 2004 wurde das Gesetz überarbeitet. Erst acht Jahre nach dem Fall Hirut. Heute drohen den Entführern mindestens 15 Jahre Haft. Trotzdem, die «Telefa» besteht weiterhin und wird in den seltensten Fällen gemeldet. Denn wenn ein Mädchen keine Jungfrau und unverheiratet ist, wird sie von der Familie oder der Dorfgemeinschaft verstossen. Deshalb sehen sich die Mädchen gezwungen, ihre Vergewaltiger zu heiraten. Zwangsehen bei Kindern sind ein weitverbreitetes Problem. Auch in der Schweiz. Oft werden Minderjährige mit Migrationshintergrund (zum Beispiel aus Sri Lanka, der Türkei oder dem Balkan) in das Herkunftsland der Eltern verschleppt, wo sie gegen ihren Willen verheiratet werden. Zwangsehen unter Minderjährigen sind in der Schweiz verboten und ungültig.
Das Urteil
Nachdem der äthiopische Regisseur Zeresenay Berhane Mehar die Frauenrechtlerin Meaza Ashenafi kennenlernt hatte und mit ihr ins Gespräch gekommen war, hatte er den Stoff für sein Spielfilmdebut in der Tasche. Der Film besticht weniger durch seine Machart, vielmehr berührt einen die unglaubliche, doch wahre Geschichte von Hiruts Fall. Schauspieler und Laiendarsteller geben ein authentisches Gefühl für eine fremde Welt mit ihren brutalen Riten. Die Bürde der Frauen und Mädchen in dieser streng patriarchalischen Gesellschaft, wirkt gerade auf Zuschauerinnen bedrückend. «Difret» drückt nicht auf die Tränendrüse, sondern sensibilisiert für ein akutes Problem: Die Unfreiheit von Frauen im (vermeintlich) modernen Zeitalter. Hiruts Fall hat zwar zu wegweisenden Veränderungen im äthiopischen Rechtssystem geführt. Doch in ihr Heimatdorf konnte sie nicht mehr zurückkehren.
Kinostart: 19.3.2015
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