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Film & Serien Wer ist da der Spiesser? Hippies und Studenten unter einem Dach

Das Kino liebt romantische Lebensmodelle für ältere Leute: der britischen Film «The Best Exotic Marigold Hotel» oder Dustin Hoffmans «Quartet» zeugen davon. Ganz anders die deutsche Kinokomödie «Wir sind die Neuen». Da stösst eine Alters-WG nämlich auf ziemlich unerwartete Hindernisse – Studenten.

«Ab jetzt ist Ruhe, absolute Ruhe, sonst lernt ihr uns kennen!» – Diese bedrohliche Forderung nach weniger Geräuschen von unten ereilt die frisch gegründete Alters-Wohngemeinschaft von Anne, Eddi und Johannes nicht etwa von verknöcherten Nachbarn im Haus. Sondern von den drei Studenten im Stock über ihnen.

Video
Trailer zu «Wir sind die Neuen»
Aus Kultur Extras vom 17.07.2014.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 57 Sekunden.

Dass sie ausgerechnet den Kids zu laut sein könnten, auf diese Idee wären die WG-erprobten Alt-68er nicht von alleine gekommen. Aber die zwei jungen Frauen und der junge Mann waren schon am Vortag sehr zurückhaltend, als die fröhlichen Rentner ihren Antrittsbesuch machen wollten.

Keine Zeit für Handy-Nachhilfe

Die Jungen grenzten sich gleich mal auf Vorrat ab: «Wir können euch nicht helfen.» – «Was meinst du mit helfen?» – «Na, schweres Zeug hochtragen, Handybedienung erklären, solche Sachen eben. Wir haben keine Zeit für sowas.»

Anne, Eddi und Johannes sind erst mal baff. Schliesslich sind sie zwar Rentner, aber hilfsbedürftig sehen sie nicht aus – und sie fühlen sich auch nicht so.

Zwei beeindruckende Generationen

Zwei Männer und eine Frau gehen eine Strasse entlang.
Legende: Trau keinem unter 30: Die alte neue Wohngemeinschaft. Filmcoopi

Im Film von Ralf Westhoff ist die Fraktion der Alten prominent besetzt mit Gisela Schneeberger, Heiner Lauterbach und Michael Wittenborn. Aber die Nachwuchstalente (Claudia Eisinger, Karoline Schuch und Patrick Güldenberg), welche die Gegenseite verkörpern, sind den drei Veteranen durchaus gewachsen – wenn auch bloss in der Realität. Denn im Film jagt eine Überraschung die nächste.

Selbstverständlich sind die Alten nicht so nutzlos wie die Jungen denken. Und natürlich haben die Jungen nicht wirklich alles im Griff – all das gehört zum Getriebe einer Komödie.

Jenseits von Nostalgie und Romantik

Aber die wahre Überraschung ist schliesslich, dass der Film gar nicht wirklich eine Komödie bleibt: «Wir sind die Neuen» setzt sich ernsthaft und überlegt mit der Situation seiner Figuren auseinander – auch und gerade mit jener der Rentner.

Das fängt schon damit an, dass deren WG-Gründung nicht einfach als romantischer Einfall präsentiert wird, sondern als Diktat der materiellen Umstände. Und verklärt wird auch nichts, schon gar nicht die WG-Vergangenheit von Anne, Eddi und Johannes: Kaum wohnen sie zusammen, fällt ihnen auch wieder ein, was damals vor 40 Jahren schon nicht funktioniert hatte.

Ein gelungener Reality-Check

Als die Alten schliesslich ihre damalige Situation mit der aktuellen ihrer jungen Mitbewohner vergleichen, kommt der Film tatsächlich in der Realität an – wo er zum Glück nicht stur verharrt, sondern sich gleich wieder auf die Möglichkeiten der Komödie besinnt.

Am Ende ist «Wir sind die Neuen» ein Film mit sehr komischen Momenten, mit rundum verteilten Sympathien und mit einem überraschend scharfen Blick auf die Realität – sowohl der Alten wie auch der Jungen.

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