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Der 1. Weltkrieg Gilberte goes digital – ein Klassiker als Bits und Bites

«Gilberte de Courgenay» spielt vor 100 Jahren, mitten im Ersten Weltkrieg. Entstanden ist der Film 1941, mitten im zweiten Weltkrieg. Und 2014 erlebt dieser Meilenstein der Schweizer Kinogeschichte nun seine Wiedergeburt – in einer hochauflösend digitalisierten und aufwändig restaurierten Fassung.

Die Digitalisierung des Kinos hat dramatische Folgen: Vielen Filmen bleibt die grosse Leinwand verwehrt, weil neue Projektoren keine Filmrollen mehr abspielen können. Nur was in digitaler Form zur Verfügung steht – also auf einer Harddisk statt in einer Filmbüchse geliefert wird – findet den Weg zurück in den Kinosaal. Was bis heute nur in analoger Form vorliegt, muss für das Multimedia-Zeitalter aufwändig in ein digitales Format transferiert werden. Das trifft auf Fotos und Bücher genauso zu wie auf Spielfilme.

Sendehinweis

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Am 8. August wird «Gilberte de Courgenay» am Filmfestival von Locarno auf der grossen Leinwand präsentiert. SRF 1 zeigt ihn am Sonntag 10. August um 20:05 Uhr im Rahmen der Sendereihe «Anno 1914».

Pixelwelten

Ein Beispiel ist «Gilberte de Courgenay», Franz Schnyders Regiedebüt aus dem Jahr 1941 über die legendäre Schweizer Soldatenmutter aus dem Ersten Weltkrieg. Das Schweizer Radio und Fernsehen hat den Film aufwändig digitalisiert und restauriert und damit auch wieder fit gemacht fürs Kino der Zukunft.

SRF arbeitete dazu eng mit dem Schweizerischen Filmarchiv, der Cinémathèque suisse in Lausanne und der Stiftung Memoriav zusammen. Zum ersten Mal wurde das originale Nitrat-Filmnegativ von 1941 als Ausgangsmaterial verwendet. Dieses ist hochbrennbar, aber auch sehr anfällig für mechanische Beschädigungen und muss daher besonders vorsichtig behandelt werden.

160‘000 hochauflösende Einzelbilder

Der Film ist 110 Minuten lang und besteht aus rund 160‘000 Einzelbildern im klassischen 35mm-Filmformat. Nach sorgfältiger Prüfung und Reinigung des Negativs wurde es mit einem Scanner im hochauflösenden 4K-Format (4096x3112 Pixel pro Bild) und im originalen Seitenverhältnis von 1,37:1 (Academy-Format) Bild für Bild digitalisiert. Das Format 4K wurde vor allem für Archivzwecke gewählt, damit das wertvolle Filmnegativ wieder möglichst lange und unberührt eingelagert bleiben kann. Das 4K-File wird – nun als digitales Negativ – ebenfalls in der Cinémathèque archiviert.

Video
Der Vergleich im Splitscreen: «Gilberte» früher und heute
Aus Kultur Extras vom 05.08.2014.
abspielen. Laufzeit 45 Sekunden.

Kinokopie in 2K

Die arbeitsintensive Bearbeitung ging weiter: Die Auflösung wurde von 4K auf 2K (2048 x 1556 Pixel) reduziert – für einen Schwarz-weiss-Film aus dieser Epoche garantiert das immer noch eine herausragende Bildqualität. Es folgte die Lichtbestimmung, die man sich Einstellung für Einstellung, Szene für Szene vornahm und die sich optisch an der Originalfassung von 1941 orientierte.

Dann erst kam der aufwändigste Teil: die mehrere Wochen dauernde digitale Restaurierung der Bildfassung: Mithilfe von spezialisierter Software wurden Millionen von Mikrobeschädigungen, Staub, Schmutz, Kratzer, Schrammen, Laufkratzer, sichtbare Klebestellen und vereinzelt auch grobe mechanische Defekte eliminiert oder korrigiert, der Bildstand wo nötig stabilisiert.

Schönes Bild, mässiger Ton

Beim Bild sind die Resultate dank ausgeklügelter Restaurierungs-Software und entsprechendem Zeitaufwand grossartig. Die qualitative Verbesserung der Tonspur hingegen ist eine echte Herausforderung. Der Originalton solcher Klassiker existiert in der Regel nur in Form eines Lichtton-Negativs. Das heisst, Sprache, Geräusche und Musik sind auf einer einzigen Audiospur in Mono gemischt.

Jede Form der Restaurierung – etwa das Entfernen von starkem Rauschen, Knacksern oder Verzerrungen bei Sprache und Musik – hat daher immer Konsequenzen auf die gesamte Tonspur. Trotz modernster Audio-Tools ist man immer zu Kompromissen gezwungen. Selbst eine aufwändig restaurierte Tonspur wird das wahre Alter eines solchen Films also nie verleugnen können. Gleichzeitig ist sie aber auch ein Zeugnis für die damaligen technisch und technologisch schwierigen Produktionsbedingungen.

Eine gigantische Aufgabe

Die Digitalisierung des audiovisuellen Erbes der Schweiz ist eine gigantische Aufgabe – materiell wie finanziell. Das Schweizer Radio und Fernsehen arbeitet daher seit vielen Jahren mit unterschiedlichsten Partnern zusammen, um diese Arbeit weiter voranzutreiben. Der rasante Umstieg von Film- auf Digitalprojektion in den Schweizer Kinos hat nun die Dringlichkeit zusätzlich erhöht.

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