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Gesellschaft & Religion Eine Gedenkstätte für alle – Hinterbliebene und Besucher

Zum Gotthard-Basistunnel gehört auch eine Gedenkstätte für die neun Mineure, die während der Bauzeit tödlich verunglückt sind. Der Architekt Pascal Sigrist hat dieses Denkmal mitkonzipiert. Wer es betritt, merkt schnell, dass dieser Ort mehr ist als eine gebaute Erinnerung an die Verstorbenen.

Pascal Sigrist, welche Funktion soll dieser Ort haben?

Pascal Sigrist: Wir haben bei der Planung der Gedenkstätte einen würdigen und interessanten Ort gesucht, der auf der heutigen Baustelle schon zur Verfügung steht und sich später, bei den Fertigstellungsarbeiten im Sommer 2017, gut in die Portallandschaft integrieren lässt. Es ist eine Hommage der Bauherrschaft AlpTransit Gotthard AG an die neun Menschen, die ihr Leben beim Bau des Gotthard-Basistunnels verloren haben. Es soll ein Ort für die Erinnerung sein.

Die Opfer des Gotthards

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Wer waren die Menschen, die Bau des Basistunnels ihr Leben liessen? Und warum ist die Arbeit im Bergmassiv so gefährlich? Der DOK «Tod im Berg – Die Opfer des Gotthards» stellt die 9 Todesopfer vor.

Das Gedenken zu gestalten ist bestimmt keine leichte Aufgabe. Freut man sich als Architekt, wenn man ein solches Denkmal bauen darf?

Es ist sicher ein schöner Auftrag. Die Arbeitsweise bleibt grundsätzlich dieselbe wie bei anderen Projekten, mit dem Unterschied, dass der emotionale Aspekt auch sehr präsent ist. Ich durfte mit meinen Kollegen der Beratungsgruppe für Gestaltung lange an diesem Jahrhundertprojekt arbeiten und habe wie alle Beteiligten jeweils rasch von jedem einzelnen tödlichen Unfall auf der Baustelle erfahren. An diese Momente erinnere ich mich gut und das geht einem natürlich nahe. Vielleicht widerspiegelt sich etwas davon in diesem Bauwerk.

Warum haben Sie für die Gedenkstätte hier in Erstfeld eine derart neutrale Form gewählt?

Sie ist nicht neutral, sondern schlicht. An diesem Ort soll vieles möglich sein. Angehörige der Mineure können sich hier an die Verstorbenen erinnern, dieser Platz soll aber auch mit positiven Gefühlen verbunden werden. Besucher dürfen hier zum Beispiel picknicken, die Aussicht geniessen, die Züge vorbeirauschen sehen und dabei in Gedanken bei den verunglückten Arbeitern sein.

Am letzten Dienstag war die offizielle Abdankungsfeier für die direkten Angehörigen. Wie haben die Familien auf den Ort reagiert?

Diejenigen, mit denen ich sprechen durfte, haben sich vor allem gefreut, dass nun ein Erinnerungsort an ihre Verstorbenen bleiben wird. Es war aber kein einfacher Tag für sie, auch wenn zum Teil viele Jahre seit den Unfällen vergangen sind.

Wenn man von Osten her kommt, findet man auf dem dritten der neun Betonquader den Abdruck eines Seesterns. Hat er eine spezielle Bedeutung?

Auch da sind viele Interpretationen möglich. Vielleicht ist es ein Symbol für die Nordsee und das Mittelmeer, die dank dem neuen Tunnel ein wenig näher aneinander rücken? Eine spielerische Erinnerung an ferne Heimaten? Oder eine Würdigung des hervorragenden Handwerks, das die Bauarbeiter hier geleistet haben? Aber vielleicht ist es einfach ein kleines dekoratives Element, das ausnahmsweise keine offizielle Begründung braucht.

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