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«Die Grenze, die ein Computer kennt, ist die eigene Vorstellung»
Aus Sternstunde Philosophie vom 03.05.2015.
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Gesellschaft & Religion «Ich würde sofort mein Gehirn in einen Computer einbauen»

Tim Berners-Lee, 2004 von der britischen Königin zum Sir geadelt, ist kein Mensch, der sich vor der Zukunft fürchtet. Im Gegenteil. Im Gespräch entsteht eher der Eindruck, er würde am liebsten die Gegenwart überspringen.

Menschen vernetzen. Dies war die Grundidee und das wichtigste Ziel des World Wide Web, und diesem Ziel komme man immer näher, meint Tim Berners-Lee im Gespräch. Natürlich sei die Internetnutzung in Nordamerika, Europa und einigen Ländern Südostasiens viel höher als in Entwicklungsländern. Aber das ändere sich schnell. «Immer mehr Leute haben Smartphones, weil diese billiger werden. Auch die Nutzung von mobilem Internet wird laufend billiger. Bereits in zwei Jahren wird die Hälfte der Menschheit Zugang zum Internet haben.»

Das freut Tim Berners-Lee, denn er ist überzeugt, dass Maschinen unser Leben einfacher machen. Sie könnten uns die schweren Lasten abnehmen und wir könnten uns dafür vermehrt kreativen Tätigkeiten zuwenden. Wie zum Beispiel Computer programmieren.

Berners-Lee selber hat bereits als Jungspund Elektromagnete zu Relais verbunden und mit integrierten Schaltkreisen gearbeitet. Damit ist er in die Fussstapfen seiner Eltern getreten: Beide waren Mathematiker und an der Entwicklung des Manchester Mark 1 beteiligt, dem ersten kommerziell vermarkteten Computer. Das war 1949.

Computer sind keine Kühlschränke

Leider sei sich die heutige Generation, die einen Computer wie einen Kühlschrank benutze, nicht bewusst, dass Computer programmierbar seien. «Jedes Pünktchen, das man auf dem Bildschirm sieht, wird durch einen Prozessor gesteuert», sagt Berners-Lee. «Dahinter steht also ein kreativer Akt. Und dies muss man Kindern mitgeben. Es ist wichtig, dass sie lernen, dass die einzige Grenze, die ein Computer kennt, die eigene Vorstellung ist.»

Berners-Lee eigene Vorstellung macht vor künstlicher Intelligenz nicht Halt: «Wenn ich die Möglichkeit hätte, mein Gehirn in einen Computer einzubauen und dieses weiterleben könnte, wenn mein Körper nicht mehr mitmachte, dann wäre ich sofort dabei.»

Technologische Singularität

«Stellen Sie sich vor, Sie könnten doppelt so schnell denken und sprechen, Ihr Gehirn wäre also doppelt so schnell wie meins. Wenn Sie sich dann mit mir unterhielten, wäre es Ihnen wohl schnell langweilig, und Sie würden sich lieber ein paar Leute bauen, die ebenso schnell sind wie Sie. Sie wären also ein höher entwickeltes Wesen.»

Dann hätten wir die technologische Singularität erreicht, erklärt Tim Berners-Lee und stellt die Frage, die auch er nicht beantworten kann: Wenn wir dereinst Maschinen oder eine Kombination von Mensch und Maschine haben werden, würden diese sich nicht weiterentwickeln wollen und uns dann wie ihre eigenen Haustiere behandeln?

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