Zum Inhalt springen

Header

Inhalt

Landesteile Vorurteile Marco D‘Anna: Der Blick hinter die Kulisse

Marco D‘Anna reist durch die ganze Welt und macht aus den scheinbar kleinen Momenten grosse Bilder. Ob Sibirien, China, Äthiopien, Samoa oder Argentinien: Überall fotografiert er das Unscheinbare. Auch in seiner Tessiner Heimat interessieren ihn die Geschichten hinter der perfekten Kulisse.

Fotografieren ist für ihn eine Notwendigkeit, sagt Marco D‘Anna. Das Festhalten alltäglicher Situationen und damit die Menschen zum Nachdenken zu bringen, das fasziniert den Tessiner seit seiner Jugend. Schon bevor er an der Kunstschule in Lugano das Diplom erhalten hat, war er offizieller Fotograf des Lugano Estival Jazz.

Auch nach über dreissig Jahren lichtet D‘Anna während den Festival-Tagen die grossen Jazz-Stars ab. Den Rest des Jahres arbeitet er als Werbe- und Reisefotograf auf der ganzen Welt. Manchmal ist er wochen- und monatelang unterwegs. Die Aufträge muss er nicht suchen, die Projekte finden ihn.

Den Zufall gibt es nicht

Der Fotograf Marco D'Anna bei der Arbeit.
Legende: Der Fotograf Marco D'Anna interessiert sich für die andere Seite des Tessins, fern des Sonnenstuben-Klischees. Marco D'Anna

So nahm sein Leben auch immer wieder überraschende Wendungen. Nach einer grossen Kampagne für einen Autohersteller dachte er beispielsweise, dass ihm diese Arbeit nun die Türen der Werbebranche öffnen würde. Gekommen ist es anders: Später sprach ihn ein Mann an, der eines seiner Plakate gesehen hatte und bot ihm ein Projekt in Äthiopien an, das dann schlussendlich sieben Jahre dauerte.

D'Anna: «Du denkst, du gehst in die eine Richtung, aber das Leben führt dich in eine ganz andere. Alle meine Projekte entstehen so. Es ist ein seltsamer Mechanismus, der da passiert. Den Zufall gibt es für mich nicht, es hat etwas Natürliches.»

Eigentlich sollte er Bankier werden

Das Tessin spielt in Marco D‘Annas Biografie eine grosse Rolle. Es prägte ihn und seine Arbeit entscheidend: «Das Tessin mit seiner eingeengten Perspektive zwingt dich, über den Horizont hinaus zu blicken, einen anderen Blickwinkel einzunehmen. Ich glaube, das ist die Stärke des Tessins. Es zwingt die Jungen raus zu gehen und Neues zu entdecken.»

Als Kind italienischer Eltern kam Marco D‘Anna mit fünf Jahren ins Tessin. Seine Eltern wollten für ihre Kinder vor allem eines: Ein sicheres Leben ohne materielle Sorgen. Marco D‘Annas Vater hoffte einst, dass sein Sohn einmal als Bankier arbeiten würde.

Die andere Seite des Tessins

Video
Marco D'Anna: Warum ich doch kein Banker wurde
Aus Kultur Extras vom 12.07.2013.
abspielen. Laufzeit 44 Sekunden.

Geht Marco D‘Anna durch «sein» Lugano, klopft ihm an jeder Ecke jemand auf die Schulter und im Minutentakt ruft jemand: «Ciao, Marco! Come stai?». Wenn er von seinen Reisen zurückkommt, nimmt er die Schweiz und das Tessin als multikulturelles Paradies wahr.

Gleichzeitig will Marco D’Anna hinter die Kulissen schauen, das Verborgene und Geheimnisvolle orten, auch bei seiner Heimat. Im Bildband «La Svizzera Italiana 1999» zeigt Marco D‘Anna die andere Seite des Tessins, weit weg vom Sonnen-Stuben-Klischee. Armut, Einsamkeit, Prostitution spürte er damals auf.

Auf den Spuren von Corto Maltese

Bald geht er wieder auf Reisen. Inspiriert von der Comic-Figur Corto Maltese. Die Figur des Kapitäns ohne Schiff, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Welt bereiste, erschuf der italienische Comic-Zeichner Hugo Pratt im Jahr 1967. Corto Maltese versuchte stets, sich nicht von den politischen und ideologischen Wirren seiner Zeit einnehmen zu lassen. Oftmals geriet er dann doch mitten hinein und stellte sich auf die Seite der Unterdrückten. Marco D‘Anna übersetzt die Comic-Abenteuer des Kapitäns ins Heute und reist an die Orte, an denen Corto Maltese heute anlegen würde. Er wird auch dort wieder das Unscheinbare suchen, Alltagssituationen abbilden und so neue Denkanstösse liefern.

Meistgelesene Artikel