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Drei aus blau-violetten Teilchen zusammengesetzte Gesichter.
Legende: Die Spuren, die wir im Netz hinterlassen, werden zu Profilen unserer Persönlichkeit. Getty Images
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Persönliche Daten im Netz Kein Klick ist anonym

Firmen wollen wissen, wer wir sind. Sie sammeln unsere Daten und zeichnen unser Surfverhalten auf. Ein ehemaliger Datenhändler zeigt, wie weit das gehen kann.

Für alle, die uns etwas verkaufen wollen, sind unsere Daten wertvoll. Deshalb sind Daten heute ein Milliardengeschäft – besonders die unbewusst preisgegebenen.

Christian Bennefeld hat bei diesem Geschäft bestens mitverdient. Der ehemalige Datenhändler hat die Hamburger Firma eTracker gegründet, die genau diese Daten im Auftrag anderer Firmen erhebt.

Eigentlich nicht heikel

Unbewusst preisgegebene Daten seien erstmal unproblematisch, da sie noch nicht mit einer Person verknüpft seien, sagt Bennefeld. Man spreche deshalb auch von pseudonymen Daten, die statt mit einem Namen mit einer neutralen Identifikationsnummer gekoppelt sind.

Die Daten sind also anonym. Für Werbetreibende sind sie dennoch wertvoll, weil sie ermöglichen, uns mit gezielter Werbung zu verfolgen.

Tracker verfolgen alle Klicks

«Wenn ich mir etwa im Netz ein paar orange Turnschuhe anschaue, wird mir eine ID verpasst: Eine eindeutige Kennung, über die der Shop mich wieder identifizieren kann», erklärt Christian Bennefeld. «Diese Daten werden heute über sämtliche Webseiten und über sämtliche Geräte, die wir verwenden, aufgezeichnet. Und zwar mit Hilfe sogenannter Tracker.»

Tracker sind kleine Bausteine auf Webseiten, die registrieren, welche Seiten wir aufrufen und was wir anklicken. Christian Bennefeld vergleicht sie mit Kameras: «Immer wenn ich online bin, beobachten sie mein Surfverhalten. Auf jeder Webseite sind nicht ein oder zwei, sondern rund 20 solcher Datensammler installiert.»

Daten: bewusst oder unbewusst?

Personenbezogene Daten sind etwa Name, Anschrift oder Telefonnummer. Sie werden einem Unternehmen bewusst preisgegeben, etwa wenn man ein Profil erstellt oder einen Kauf tätigt.
Pseudonyme Daten hinterlassen wir unbewusst, bei jeder Nutzung des Internets. Welche Webseiten nutzen wir wann und wie oft? Welche Produkte schauen wir häufig an?

Profil: Interessiert an Schuhen

Mein Interesse an orangen Turnschuhen wird also in einer Datenbank gespeichert. Die Datenbanken gehören Werbenetzwerken. Diese verkaufen die Information an Werbetreibende, die so personalisierte Werbung schalten können – obwohl ich eigentlich noch immer anonym, bloss eine Nummer, bin.

Wenn ich nun eine andere Webseite besuche, kann es passieren, dass ich dort mit Schuhwerbung bombardiert werde. Werbetreibende, die Schuhe verkaufen wollen, haben dafür bezahlt, dass ihr Inserat dann eingeblendet wird, wenn eine Person auf die Webseite kommt, die in ihrem Profil das Interesse für Schuhe abgespeichert hat.

Unsere anonymen Profile werden heute sogar versteigert, sagt Bennefeld, der Höchstbietende gewinnt.

Nur die Spitze des Eisbergs

Der ehemalige Datenhändler sieht dieses Geschäft heute kritisch. Wie wir im Internet durchleuchtet und mit Werbung eingedeckt werden, habe bedenkliche Ausmasse angenommen.

«Die sichtbare Werbung ist nur die Spitze des Eisbergs. Das Gefährliche ist das, was darunter liegt: das Persönlichkeitsprofil.» Dass darin die Schuhgrösse gespeichert werde, sei harmlos. Aber wenn ich etwa ein Blutdruckgerät kaufe, werde ich bereits einer Altersgruppe zugeordnet: «Es kann sein, dass ich dann bald Inkontinenzwindeln angeboten bekomme.»

Eine Dispaly mit der Expedia-Seite.
Legende: Beispiel Expedia: Je nachdem, wie man surft, wird das Hotel teurer. Imago/Levine-Roberts

Preise passen sich uns an

Unsere Daten werden nicht nur für personalisierte Werbung verwendet, sondern auch zur Manipulation des Individuums, etwa durch Wahlbotschaften. Und: zur Anpassung der Preise.

Je nachdem, welche Kaufkraft einem zugeschrieben wird, zahlt man für das Gleiche unterschiedlich viel. Erlebt hat dies Christian Bennefeld etwa auf der Reisebuchungsplattform Expedia: Je nach Profil erhalte man dort völlig unterschiedliche Preis.

Und nicht nur das Profil sei entscheidend, sondern selbst unser Endgerät: «Je nachdem, ob ich von einem mobilen Telefon oder einem Computer auf die Seite zugreife, variiert der Preis pro Nacht und Hotelzimmer um 30 Franken oder mehr.»

Ein Bazar im Netz

Das ist für den Einzelnen natürlich ärgerlich, aber nicht illegal. Der Anbieter nimmt einfach sein Recht wahr, seine Preise frei zu gestalten. Das uralte Prinzip eines Bazars – nur eben online.

Wirklich problematisch sei es erst, wenn pseudonyme Daten mit personenbezogenen zusammengeführt werden, meint der Datenhändler Christian Bennefeld. Wenn eine Firma das tun will, müssen wir unsere Einwilligung dafür geben.

Haken sind rasch gesetzt

Doch das haben die meisten von uns schon mindestens einmal getan. Etwa, wenn sie ein Google-Konto anlegen, wie man es bei vielen Android-Geräten heute tun muss. Oder ein Profil bei Microsoft, Amazon oder Facebook.

«Wenn man einen Haken setzt, dass man die Datenschutz-Bestimmungen des Dienstes gelesen hat, erlaubt man oft, dass die personenbezogenen Daten mit dem Surfverhalten abgeglichen werden. Und zwar nicht nur auf der Webseite des Dienstes. Sondern über sämtliche Webseiten hinweg, auf denen dieser installiert ist.»

Diese Praxis ist mittlerweile nicht mehr nur bei ausländischen Diensten Standard, sondern auch bei Schweizer Anbietern.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kontext, 27.9.17, 9.04 Uhr

Zur Person

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Der Hamburger Christian Bennefeld gründete 2000 die Daten-Analysefirma eTracker und führte das Unternehmen 13 Jahre. Heute sieht er das Datengeschäft kritisch und macht mit eBlocker das Gegenteil: die Privatsphäre von Kunden schützen.

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