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Feministische Pornos «Porno ist immer Politik»

In den letzten Jahren hat sich eine Alternative zum Mainstream-Porno entwickelt: FemPorn – kurz feministischer Porno – zeigt die Frau nicht nur als Lusterfüllerin. Patrick Catuz und Adrineh Simonian von Arthouse Vienna realisieren solche Filme.

Arthouse Vienna

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Seit zwei Jahren produzieren Adrineh Simonian und Patrick Catuz von «Arthouse Vienna» feministische Pornografie. Simonian ist ausgebildete Opernsängerin, Catuz ist Kulturwissenschaftler und schreibt seine Doktorarbeit über FemPorn. Wichtig ist beiden, in ihren Filmen eine gleichberechtigte, lustvolle Sexualität zu zeigen.

Warum dreht ihr Pornos?

Patrick Catuz (siehe Textbox): Ich war immer schon feministisch engagiert und habe Gender Studies studiert. Ich fand es toll, dass es Projekte gibt, die die Industrie herausfordern.

Protestieren ist ja toll, aber ich finde es spannender, etwas Eigenes zu machen – etwas Produktives, Provokantes. FemPorn ist ein krasses Werkzeug für eine politische, feministische Agenda.

Adrineh Simonian (siehe Textbox): Ich komme aus einem sehr konservativen Haushalt. Und mir hat es schon immer Spass gemacht zu provozieren. Ich spüre hinter FemPorn ein sinnvolles Statement. Ich will ein Teil von den FilmerInnen sein, die zeigen, dass Pornografie auch anders möglich ist.

Was soll denn an Porno sinnvoll sein?

Feministischer Porno

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Feministischer Porno – kurz FemPorn – ist eine Nische, die sich in den letzten fünf Jahren etabliert hat. Vor allem Regisseurinnen produzieren Filme, die sich vom sexistischen Weltbild im Mainstream-Porno abgrenzen wollen. Während Feministinnen wie Alice Schwarzer bis heute ein Pornoverbot fordern, stehen sie für einen proaktiven Feminismus.

Adrineh Simonian: Ich will, dass Frauen den Mut haben, zu ihrer Sexualität zu stehen. Ich will Leute animieren, in ihrer Beziehung mehr über Sexualität zu sprechen. Ich bin entsetzt, wie viele Paare sich schämen, darüber zu sprechen. Und für Männer ist die weibliche Lust immer noch etwas Unbekanntes.

Patrick Catuz: Für viele Heterosexuelle ist es immer das Gleiche: Die Frau kommt zuerst oder gar nicht und wenn der Mann kommt, ist es vorbei. Und die Leute tun auch noch so, als wäre das natürlich. Der Penis ist nicht mehr hart, also ist der Mann nicht mehr zu gebrauchen.

Ich kenne diese Gedanken auch von mir selbst. Aber man kann auch vollständig intim agieren, ohne dass man immer hart ist. Sex ist nicht nur gut, wenn er penetrativ ist und nur auf den Orgasmus fokussiert. Wir können das über unsere Pornografie vermitteln.

Sie sprechen von der Psychologie der Sexualität – was genau ist das?

Zwei Nackte beim Sex. Eine Frau von hinten.
Legende: Ein leerer Raum – gefüllt mit der Leidenschaft eines echten Paars: «Black Box: Kate & Adrian». Arthouse Vienna

Adrineh Simonian: Es geht darum, dass Sexualität dann beginnt, wenn es noch gar keine Sexualität ist. Mir ist es wichtig, die Entwicklung zu zeigen – von der Erregung, über die Körpersprache, die Muskulatur hin zum Orgasmus, falls er kommt.

Dazu gehört auch, wie ein Pärchen danach miteinander umgeht. Ich finde den Körper interessant, nicht die Geschlechtsteile. Die sieht man bei uns auch nicht in Grossaufnahmen.

Sexy Kultur:

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Wie drehen Sie das?

Adrineh Simonian: Die sexuellen Szenen sind nicht geskriptet. Das ist mir sehr wichtig. Und vor dem Dreh nehme ich mir viel Zeit für die Leute. Sie kommen, man trinkt Kaffee, isst etwas, quatscht über die Welt. Und irgendwann sind dann alle bereit. Wenn nicht, trinkt man halt einfach nur Kaffee, das ist auch okay.

Was möchten sie mit diesen Filmen erreichen?

Adrineh Simonian: Ich möchte Dinge verändern. Ich möchte unsere Visionen umsetzen können. Vielleicht hilft das den Frauen, die in 200 Jahren geboren werden.

Patrick Catuz: Sie sollen Frauen im Umgang mit Sexualität und Körperlichkeit helfen.

Kann Porno denn tatsächlich Politik sein?

Patrick Catuz: Ich glaube, es ist immer Politik. Porno zeigt ein gewisses Bild von Geschlechterverhältnis, von Männlichkeit, vermittelt ein Frauenbild. Dem etwas entgegen zu setzen ist politisch. Vielleicht ist Pornografie ein Instrument im Orchester der Geschlechterpolitik. Wenn du es veränderst, ändert sich nicht die ganze Symphonie. Aber du kannst Disharmonien oder Harmonien erzeugen.

Das Interview führte Julia Bendlin.

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