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Gesellschaft & Religion Sprungbrett ins Studium: das Berufspraktikum für Flüchtlinge

Nur selten erwägen in der Schweiz Flüchtlinge, ihr Studium an einer Fachhochschule fortzusetzen. Dabei bietet die praxisbezogene Ausbildung grosse Chancen: Sprache lernen und Netzwerk schaffen. Daniel Keller von der Technischen Hochschule Buchs hat gute Erfahrungen gemacht.

Zur Person

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Daniel Keller ist Leiter des Ressorts Studienplanung und Lehrbeauftragter an der Interstaatlichen Hochschule für Technik in Buchs. Hier werden Technik-Ingenieure ausgebildet.

Haben Sie bei sich an der Technischen Hochschule Buchs Bewerbungen von Flüchtlingen?

Daniel Keller: Im Moment haben wir nur eine offene Bewerbung – die einer jungen Syrerin. Sie hat sich allerdings bereits vor einem Jahr bei uns gemeldet.

Da es jedoch bei Schweizer Fachhochschulen üblich ist, dass Studierende vor dem Studium entweder eine Berufslehre oder zumindest ein Jahr Berufspraktikum absolvieren, konnte sie damals nicht direkt anfangen.

Zwar hat sie in Syrien bereits zweieinhalb Jahre Physik studiert, doch Berufserfahrungen hatte sie noch keine. Deshalb musste sie zuerst das obligatorische einjährige Berufspraktikum machen.

Wo hat die Syrerin ihr Praktikum absolviert?

Zuerst haben wir versucht, ihr ein Berufspraktikum in einer Firma zu organisieren. Doch weil die Zeit damals zu knapp war, hat das nicht geklappt.

Wir haben dann eine andere Lösung gefunden. Sie hat das einjährige Praktikum intern bei uns an einem Institut gemacht, was sehr gut funktioniert hat.

Flüchtlinge an Universitäten

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Mit speziellen Hörerprogrammen wollen Schweizer Universitäten Flüchtlingen den Wiedereinstieg ins Studium erleichtern.

Wie stark konnte sie ihre Deutschkenntnisse während diesem Jahr verbessern?

Als ich sie vor einem Jahr kennengelernt habe, war ihr Deutsch noch ziemlich holprig. Man musste sehr langsam sprechen, Dinge teilweise mehrmals wiederholen. Heute hingegen kann ich im ganz normalen Tempo mit ihr reden und sie kann mir fliessend antworten. Da sind riesige Fortschritte passiert in dieser Zeit.

Durch das Berufspraktikum verzögert sich der Studienbeginn um ein Jahr. Das bietet den Menschen die Möglichkeit, nicht nur Arbeitserfahrungen zu sammeln, sondern auch die Sprache zu erlernen.

Einerseits natürlich durch Deutschkurse. Aber vor allem auch dank dem direkten Kontakt mit Arbeitskolleginnen und -Kollegen. So kommen sie viel besser und leichter in die Sprache rein.

Wie gross ist denn die Bereitschaft der Firmen, Flüchtlinge als Praktikanten einzustellen?

Grundsätzlich sind die Firmen durchaus positiv eingestellt. Das Problem ist meistens die Anzahl der Praktikumsplätze. Diese sind in den Firmen beschränkt. Je nachdem wie viele Bewerbungen eine Firma erhält, wählt sie halt aus.

Da kann es natürlich sein, dass ein Bewerber, der die Sprache bereits gut spricht oder hier seit längerem lebt, einen Vorteil hat.

Ist die Fachhochschule in Buchs bereit, weitere Studieneintritte von Flüchtlingen zu unterstützen, auch wenn dies mit einem Mehraufwand verbunden ist?

Selbstverständlich. Wir wollen diese Kandidatinnen und Kandidaten auch ganz explizit bei der Praktikumssuche unterstützen. Uns kommt dabei entgegen, dass wir mit den Firmen sowieso in Kontakt stehen und eng mit ihnen zusammenarbeiten. Wir können uns auch vorstellen, wieder ein Praktikum an einem unserer Institute anzubieten.

Und wie geht es mit der jungen Syrerin weiter, nachdem sie nun ihr Berufspraktikum erfolgreich absolviert hat?

Sie wird Mitte September das Bachelorstudium in Systemtechnik beginnen.

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