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Der erste Teleboy am 23. Februar 1974
Aus Kultur Extras vom 11.02.2017.
abspielen. Laufzeit 14 Minuten 49 Sekunden.
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Fernsehgeschichte Als das Männlein erstmals sang: «Ich heisse Teleboy ...»

23. Februar 1974. Eine Legende startet: der Teleboy. Unterhaltung für die ganze Familie am Samstagabend.

Der Teleboy verspricht Spiel, Spass, Spannung. Der Teleboy, das ist Kurt Felix, das Trio Eugster, prominente Gäste, die fetzige Big-Band und zwei Kandidatenpaare: in der ersten Sendung die Ehepaare Remund und Küng. Menschen wie du und ich, mit denen man sich identifizieren und mitfiebern kann.

Kurt Felix mit dem Ehepaar Remund im ersten Teleboy.
Legende: Kurt Felix mit dem Ehepaar Remund im ersten Teleboy. SRF

Nostalgie, Nostalgie

Männer tragen gewagte Schnauzbärte, Hosen mit Schlag, deren Bund sitzt am Bauchnabel. Die Damen tragen Hochgesteckt, Rouge und fliessenden Hosenanzug.

Ein nostalgisches Dokument, das den Abstand der Jahre nicht nur am modischen Look erfahrbar macht sondern auch an Rollenbildern und der Verteilung.

Erst wenn die Frau die Nummer der örtlichen Feuerwehr weiss, darf sie ihrem Mann einen Schlüssel geben, den dieser dann in den schwankenden Teleboy stecken muss. Nicht nur die Mode von damals scheint überholt – auch der Zeitgeist.

Teleboy

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Die ganze erste Sendung des Teleboy finden Sie hier.

Als in einer deutschen Sendung jener Zeit eine Frau alle Kandidatenfragen beantwortet und gewinnt, quittiert der Moderator das damals mit dem Satz: «Eine Frau, die etwas weiss.»

Heute undenkbar, der Moderator würde unter einem Shitstorm begraben oder Präsident von Amerika.

Und heute?

Christoph Gebel ist Chef der Abteilung Unterhaltung beim Schweizer Radio und Fernsehen. Er kann sich gut an den Teleboy erinnern, der «stand in der Familienagenda als Wochenhighlight». Gebel bestätigt, man könne an der Samstagabendunterhaltung ersehen, wie sehr sich der Zeitgeist geändert habe.

Christoph Gebel

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Christoph Gebel gehörte als Programmleiter DRS 1/ DRS Musikwelle ab 2001 zur Geschäftsleitung von Schweizer Radio DRS. Vor seiner Tätigkeit bei SR DRS war er unter anderem Direktor und Gesamtleiter Medien bei der Gassmann Media AG Biel sowie Direktor von Radio Canal 3 in Biel.

Im deutschen Fernsehen versuche man derzeit, alte Formate wiederzubeleben wie etwa «Dalli Dalli». Gebel sagt: «Ich werde das nie tun. Man kann nicht die DNA einer Sendung nach heute übertragen.»

Wann immer möglich: live

Gebel sagt: «Formate am Samstagabend sollten, wann immer möglich, live sein», wie etwa die Live-Sendungen von «SRF bi de Lüt». «Wenn sie nur in der Mediathek stehen, sind sie kein Ereignis. Sie müssen einen Wettbewerbscharakter haben, wo die Menschen mitfiebern können.»

Die Kandidaten müssen anders gefordert sein als noch beim Teleboy. Kandidaten müssen etwas können wie bei «Die grössten Schweizer Talente».

Da könne sich noch immer die ganze Familie versammeln, jeder drückt seinem Kandidaten die Daumen. Das Spektrum der Kandidaten ist aber breiter als beim Teleboy und spiegelt so eine andere gesellschaftliche Zusammensetzung. Da muss nicht alles jedem gefallen aber für alle ist etwas dabei.

Weniger Verpackung – mehr Inhalt, mehr Emotion

Zuschauer interessieren sich wesentlich weniger für die Verpackung als für den Inhalt. Deshalb habe er, Gebel, sich mit seiner Abteilung davon verabschiedet, auf «noch mehr buntes Licht, noch mehr Effekte, noch grössere Bühnen» zu setzen und einen Strategiewechsel vollzogen.

Archivperlen

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Das Archiv von SRF ist ein fulminanter Fundus, ein audiovisuelles Gedächtnis, in Schwarz-weiss oder Farbe, analog oder digital. Wichtiges und Unwichtiges, Überholtes und allzeit Gültiges, Alltag und grosse Weltgeschichte.

Im Player von SRF sind eine Vielzahl von «Perlen», die Ihnen online zugänglich sind sowie im Archivkanal auf Youtube.

Den bringt er mit einem Beispiel auf den Punkt: «Am Samstagabend ist es dem Publikum egal, ob Helene Fischer auf einer 60 Meter breiten Bühne steht. Die wollen Helene Fischer sehen.»

Beim Teleboy war die Show an sich das Ereignis, das reicht heute nicht mehr. Gebel geht es nicht nur um mehr Inhalt sondern auch um mehr Emotion. Das trifft auf Happy Day zu: «Happy Day berührt die Menschen, unmittelbar. Happy Day lebt von Geschichten, da kann man die Verpackung runterfahren.»

Die Geschichten machen den Unterschied

Gebel sagt, derzeit sei das Schweizer Fernsehen der einzige Sender in Europa, der am Samstagabend auch selbstproduzierte Reportagen sende wie etwa «Hüttengeschichten» oder «Wunderland» mit Nik Hartmann. «Gute Geschichten interessieren die Menschen.»

Und manchmal sei man «mit Nik Hartmann schon fast beim Slow-TV». Eine mutige Entscheidung, die funktioniere. So sei das Jahr 2016 auch das erfolgreichste Jahr für die Abteilung Unterhaltung seit mehr als zehn Jahren gewesen.

Montagehalle mit Teleboy und Originalschriftzug von Benissimo
Legende: Heute wacht der Teleboy in der Montagehalle von SRF gleich neben dem Originalschriftzug von Benissimo. SRF / Franz Kasperski

Die Samstagabendunterhaltung ist ein Stück Familiengeschichte. Alle paar Jahre wird die Samstagabendunterhaltung mit schöner Regelmässigkeit zu Grabe getragen. Es gibt sie aber weiterhin.

Das beschreibt vielleicht dies: Die Aushängeschilder der Sendungen von Mäni Weber, Kurt Felix bis Beni Thurnheer waren über Jahre geliebte Gäste in Schweizer Wohnstuben. Wenn die gehen, tut der Abschied weh.

Man merkt in solchen Momenten, dass man selbst und die Familie ein gutes Stück älter geworden sind. Es ist, als ob man in einem Familienalbum umblättert und seufzt: «Ach ja.»

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