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Kunst Die wundersamen Formen der Erotik

Im Zug lesen Frauen den erotischen Roman «Fifty Shades of Grey» und Werbung zeigt den Liebesakt: Sex macht den Schritt aus den Schlafzimmern in die Öffentlichkeit. Das Designmuseum in Lausanne nimmt sich dieser Entwicklung an und zeigt in einer Ausstellung Objekte, die nicht ganz jugendfrei sind.

Gegenstände aus Materialien, die erotische Fantasien auslösen oder die wir mit Sex und Fetisch verbinden: Sie stehen im Zentrum der Ausstellung im Designmuseum in Lausanne. Die Dinge sind aus Leder, Lack, Gummi, Metall oder Fell. Wir fassen Sie gerne an, ihre Berührungen rufen Bilder in unserem Kopf wach. Erotische Bilder, Bilder aus der Welt des Fetisch. Auch menschliche «Materialien» wie Haut und Haar lösen etwas aus in uns: Sie gehören zu unserem Körper, zu unserem Empfinden, wir streicheln Sie und spielen damit. Und wir setzten Sie ein, um bestimmte erotische Signale auszusenden.

Sexy Formen

Ausstellungshinweis

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Die Ausstellung «Nirvana. Die wundersamen Formen der Lust» ist noch bis zum 26. April 2015 im Musée de Design in Lausanne zu sehen.

Das Museum in Lausanne zeigt sinnliche Materialien in der Form von Designobjekten oder Kunstwerken: Das steht ein Stuhl, der lediglich aus Haaren und silbern glänzenden Beinen besteht, an den Wänden hängen Fotos von Personen in ledernen Ganzkörperanzügen und Masken.

Doch nicht nur bestimmte Materialien sind wichtig, um in den Köpfen der Besucherin das Kopfkino zu starten. Auch Formen: phallusförmige Vasen, Shampooflaschen aus rosa Gummi, die an Dildos erinnern, eine Keramikschüssel, die nicht auf dem Tisch steht, sondern kühn auf einer brustwarzenförmigen Ausbuchtung balanciert.

Manche Designer wollten ihre Kreationen nicht zeigen

Eine Haarbürste, aus der lange blonde Haare kommen.
Legende: Sinnlichkeit nimmt ungewohnte Formen an. (Mark Woods: «Blonde Bombshell», 2014). Paul Tucker

Möbel, Kleider, Schuhe, Fotos, Zeichnungen, Lampen, Geschirr, Kunstobjekte, Videos, Installationen, Schmuck: Die Vielfalt der ausgestellten Objekte ist gewaltig. Mehr als 200 Gegenstände vereint die Ausstellung «Nirvana», von mehr als 80 internationalen Künstlerinnen und Designern.

Nicht alle dieser Kreateure waren begeistert davon, als das Museum ankündigte, ihre Stücke in einer Schau mit dem Namen «Nirvana. Die wundersamen Formen der Lust» zu zeigen. «Einige Designer waren überrascht, andere haben es sogar verweigert, dass wir ihre Kreationen zeigen. Vor allem aus der Modebranche kam viel Zurückweisung. Dabei war ihre Inspiration total klar, nur wollten Sie das nicht wahr haben», sagt Marco Costantini, Kurator der Ausstellung in Lausanne.

Aus der Schlafzimmerschublade aufs Sideboard im Wohnzimmer

Und das, obwohl es heute salonfähig geworden ist, sich mit der eigenen Lust auseinanderzusetzen und offen darüber zu reden. Wer heute ein Sextoy besitzt, der verstaut dieses nicht mehr verschämt in der Nachttischschublade. Vielmehr ist es Ausdruck eines neuen Selbstbewusstseins, das zeigt, dass man zu seiner Lust und seinen Vorlieben steht und dass man weiss, was man will.

Die Designer reagieren darauf, indem sie den Fetischobjekten oder Sexspielzeugen eine präsentable, ästhetische Form geben und hochwertige Materialien benutzen – feines Glas, hochwertiges Leder oder hochglänzendes Metall. Was das Museum zeigt, sind Luxusobjekte und Meisterwerke des Handwerks oder der zeitgenössischen Kunst. Die Ausstellungsgegenstände sind schön anzusehen und weniger dazu da, sie praktisch zu gebrauchen.

Nachdenken über Lust und Leidenschaft

Eine sinnliche Erfahrung ist der Besuch im Museum aber allemal. Neben den Gegenständen schallen auch Videoinstallationen durch die Räume, können wir in einer Ecke des Museums auch an Tüchern riechen, die nach Leder, Haut oder frischem Schweiss «duften».

Die Ausstellung bietet zudem eine gute Gelegenheit, sich Gedanken über die eigenen Vorstellungen von Lust und Leidenschaft zu machen – und zwar ganz ohne rot zu werden beim doch immer noch etwas unangenehmen Gang in den heruntergekommenen Sexschuppen an der Ecke.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 5.12.2014, 06:45 Uhr.

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