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Kunst Graffiti all’italiana: Des einen Schmiererei, des anderen Kunst

Bei Street-Art denken viele Italiener an jene Graffiti, mit denen die Aussenwände historischer Monumente beschmiert sind. Nun zeigt eine Ausstellung im Kunstmuseum von Bologna, dass Street-Art auch Kunst sein kann. Doch die Schau stösst auch bei Künstlern nicht nur auf Gegenliebe.

Die Kuratoren der Ausstellung im Bologneser Kunstmuseum Palazzo Pepoli haben Werke bedeutender Street-Art-Künstler zusammengestellt. Darunter Bilder von Banksy und Blu, Space Invaders, Os Gêmeos oder Alice Pasquini. Zu sehen ist das ganze Spektrum dieses Genres: von reiner Strassenkunst bis hin zu Auftragsarbeiten für Sammler und Galerien.

Graffito auf einem Haus in Lissabon: Ein Geschäftsmann, bekrönt mit den Emblemen internationaler Ölkonzerne, saugt die Erde mit einem Strohhalm aus.
Legende: Gemeinschaftsarbeit von Blu und den Brüdern Os Gêmeos, Lissabon 2010: Ein Geschäftsmann saugt die Erde aus. Wikimedia/r2hox

Deutlich wird dabei der komplexe ästhetische Anspruch und die heterogene Vorgehensweise einzelner Künstler und Künstlerinnen, die man nicht nur auf Neo-Pop-Art reduzieren kann.

Sperrige Kunst, störrische Künstler

Problematisch ist Street-Art, weil sie sich nicht einfach in einem Museum im Rahmen einer Ausstellung zeigen lässt. Für die Kunstschau wurden in Bologna an Fassaden gesprühte Bilder von den Wänden ehemaliger Fabriken abgenommen. Und dann, recht aufwändig, auf einem stabilen Untergrund befestigt, um sie auf diese Weise transportieren zu können.

Die Ausstellung

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«Street Art – Banksy & Co. L'arte allo stato urbano» ist bis zum 26. Juni im Palazzo Pepoli in Bologna zu sehen.

Was die Kuratoren jedoch nicht erwartet hatten: Dass diese Vorgehensweise zu bösen Protesten seitens der Künstler und Künstlerinnen führen würde. Der italienische Graffiti-Künstler Blu etwa liess aus Protest gegen das Entfernen einiger seiner Werke andere seiner Bilder zerstören. Street-Art, so seine Argumentation, gehöre auf die Strasse. Ohne den öffentlichen Raum verliere sie ihren Sinn.

Gretchen-Frage der Streetart

Wandbild: Ein Mann mit grossem, breitem Kopf, langezogenen Augenbrauen, Hemd und Hose.
Legende: Wandbild auf der Fassade des Brasil Museums in São Paulo des brasilianischen Streetart-Künstlerduos Os Gêmeos. Wikimedia/fernandosouza

Aus dieser Problematik ergibt sich eine wesentliche Frage: Wem gehört Street-Art? Abgesehen von Auftragsarbeiten für Galerien und Sammler befindet sich Streetart an Mauern, die privaten oder öffentlichen Eigentümern gehören. Diese wurden in der Regel nicht gefragt, ob sie mit der Anbringung von Graffiti einverstanden sind.

Ein rechtliches Problem, auf das selbst die auf Graffiti-Kunst spezialisierten Kuratoren der Ausstellung in Bologna nicht gekommen sind – und weshalb sie sich jetzt mit der Kritik von Street-Art-Künstlern wie Blu konfrontiert sehen. Rechtliche Grundlagen speziell für den Umgang mit Street-Art gibt es in Italien nicht. Fakt ist jedoch, dass ein Street-Art-Künstler keine Rechte auf sein Werk hat, wenn dieses ohne Genehmigung auf einen privaten Grund gesprüht wurde.

Erste umfassende Retrospektive

In der Regel sind Graffiti, auch jene von bekannten Künstlern und Künstlerinnen, in Italien nach der geltenden Rechtssprechung illegal. Künstler und Künstlerinnen dieses Genres geniessen keinen guten Ruf. Ihre Anhänger beschränken sich auf eine relativ kleine Gruppe von Fans und Experten – darum auch die Ausstellung in Bologna: Sie ist eine erste umfassende Retrospektive des Street-Art-Schaffens in Italien.

Italiens Stadtväter sehen in Graffiti immer noch vor allem eine Schmiererei ohne Genehmigung. Die Ausstellung in Bologna soll laut Kuratoren eine Wende im Verständnis und im Umgang von Street-Art initiieren. Ob ihr das gelingen wird, muss bezweifelt werden. Sicherlich verdeutlicht sie aber, wie komplex und auch schwierig der Umgang mit diesem Genre ist.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 30.06.2016, 17:08 Uhr.

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