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Performancekunst Hart an der Schmerzgrenze: Marina Abramović wird 70

Kunst kommt von Können? Ihre Kunst kommt von Körper. Und von Knochenarbeit. Marina Abramović hat sich nie geschont. Auch ihr Publikum bringt sie an seine Grenzen. Sieben grosse Auftritte zum 70. Geburtstag der Performancekünstlerin.

  • 1. «Rhythm 0» (1970)

    Die Performance, die Marina Abramović berühmt machte. 72 Gegenstände liegen auf dem Tisch einer Galerie in Neapel – darunter ein Parfum, eine Rose, eine Säge und eine Pistole. Daneben steht die Künstlerin, die dem Publikum zuruft: «Macht, was ihr wollt!» Sie habe wissen wollen, wie weit die Leute gehen, sagt Abramović. Sechs Stunden später weiss sie es: «Wenn du sie machen lässt, können sie dich töten.»

  • 2. «Relation in Space» (1976)

    Marina Abramović und ihr langjähriger Partner Ulay, beide nackt: Sie gehen aufeinander zu – von der jeweils gegenüberliegenden Seite des Raumes. Man berührt sich im Aneinander-Vorbeigehen. Scheinbar zufällig. Doch mit jedem Mal werden die Berührungen heftiger. Zum Schluss: Körperkollisionen, schmerzhaft.

  • 3. «Imponderabilia» (1977)

    Wieder Marina Abramović und Ulay, wieder beide nackt: Sie stehen sich im Eingang zu einer Galerie gegenüber und lassen dem eintretenden Besucher ein wenig zu wenig Raum, um durchzukommen. Da ist entweder sein Penis im Weg. Oder ihr Busen. Hier steht die Frage im Zwischenraum: Wen berühren?

  • 4. «The Hero» (2001)

    Ihre Hommage an ihren gestrengen Vater: ein jugoslawischer Nationalheld, der sich nie ohne Pistole ins Bett legte. Während ihrer Performance sitzt Marina Abramović bewegungslos auf einem Schimmel und hält eine weisse Fahne in den Wind. Aus dem Off eine Frauenstimme: Sie singt die jugoslawische Nationalhymne aus der Tito-Zeit.

  • 5. The Lovers (1988)

    Der Schlusspunkt unter die Liebes- und Arbeitsbeziehung, die Marina Abramović mit Ulay verbindet. Als das Paar beschliesst, für immer auseinanderzugehen, geht es noch einmal aufeinander zu. Auf der grossen chinesischen Mauer: Er startet in der Wüste Gobi – sie am Gelben Meer. 2500 Kilometer später fallen sie sich in die Arme. Und heben dann den Arm zum Abschied.

  • 6. «Balkan Baroque» (1997)

    Sie komme nicht aus Serbien. Sondern aus einem Land, das es nicht mehr gebe, sagt Marina Abramović. Auch eine Antwort auf die Frage nach ihrer Heimat: Die Künstlerin sitzt auf einem Berg Knochen. 1500 Knochen – Abramović wäscht sie alle ab. Nach vier Tagen sind sie weiss. Aber sie ist voller Blut.

  • 7. «The Artist is Present» (2010)

    Während ihrer Retrospektive im MoMa setzt sich Marina Abramović jeden Tag ins Museum. Drei Monate lang, stets schweigend. Auf dem Stuhl ihr gegenüber darf ein Besucher Platz nehmen. 1500 Leute tun es, viele brechen in Tränen aus. Sie habe noch nie so viel Schmerz gesehen, gibt die Künstlerin danach zu Protokoll. Von der Rolle ist sie nie, vom Stuhl fällt sie nur einmal – fast. Als Ulay kommt, berührt sie seine Hand. Berührend.

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