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Bundesratswahl «Ich verstehe niemanden, der dieses Amt übernehmen will»

Vor rund 30 Jahren hat Franz Hohler das Lied «D Bundesrotswahl» geschrieben. Mit welchem Gefühl blickt er auf seine Worte von damals zurück?

«Wennd nüm ad Justiz und ad Gerechtigkeit gloubsch

Sondern nur no ad Macht vom Filz

Wenn’s di dunkt

die ältischti Demokratie

Sig en einzige Schimmelpilz

Denn gits zum Troscht als Beruhigungsritual

e Bundesrotswahl.»

(Ausschnitt aus: «D Bundesrotswahl» von Franz Hohler)

SRF: Das Spektakel rund um die Bundesratswahl als kleiner Trost für die Politikverdrossenen und die von der Politik Enttäuschten. Sehen Sie das heute noch so?

Es ist eigentlich nicht die wirkliche Politik, die hier stattfindet. Es ist ein Ritual. Es wird eine Spannung aufgebaut für etwas, das weniger wichtig ist, als es sich gibt.

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Legende: SRF / Matthias Willi

Mehr zu hören und zu lesen von und über Franz Hohler: Das gibt's auf unserem Schweizer Literaturportal «Ansichten».

Ein liebgewonnenes Ritual?

Ich werde die Wahl natürlich schauen. Es ist wie ein Stück Heimat. Wenn man älter wird, erinnert man sich an vergangene Wahlen. Es wird einem klar, wie ähnlich sie ablaufen.

1989 haben Sie das Lied «D Bundesrotswahl» geschrieben. Was hat Sie damals dazu bewegt?

Die entscheidenden Momente waren, als es zum ersten Mal um die Wahl von Frauen ging. Dann kam der Moment der Abwahl von Herrn Blocher dazu.

Aber sonst geht es immer darum: Was gehört dazu, dass man Bundesrat werden kann, wie ich es auch in einer Strophe geschrieben habe (siehe weiter unten): Aus welchem Kanton kommt man, in welcher Partei ist man, welches Geschlecht hat man, welche Sprachen spricht man.

Das macht die Schnittmengen für die Persönlichkeit eines Kandidaten oder einer Kandidatin ziemlich klein. Am Schluss muss man einen Tessiner nehmen, nur weil jetzt ein Tessiner fällig ist.

«Es het wieder mol vil brucht,

bis eine würklich passt

denn d’ Forderige si sehr genau

Er darf ums Himmels Wille nid vo Züri si

Und dasmol gschider kei Frau

Eifach gschaffig und gsund

und gmögig und normal

für e Bundesrotswahl»

(Ausschnitt aus: «D Bundesrotswahl» von Franz Hohler)

Die regionale und politische Ausgewogenheit gehören zu den Konstanten der Schweizer Politik. Das steht auch so in der Verfassung. Mal ganz abgesehen von der konkreten Lage heute: Müsste die Ausgewogenheit zwischen Mann und Frau auch fest verankert sein?

Das würde ich nicht begrüssen. Die Ausgewogenheit der Regionen ist zahlenmässig auch nicht fest verankert. Es ist eher eine Empfehlung. Ich finde, es kommt immer auch auf die Qualifikation an. Wenn jemand überzeugt, ist es nicht zentral, ob diese Person ein Mann oder eine Frau ist und aus welcher Region er oder sie kommt.

Wer ist für Sie ein guter Bundesrat, eine gute Bundesrätin? Was macht diese Person für Sie aus?

Sie muss vor allem bereit sein zu arbeiten. Sie muss die wichtigen Probleme von den unwichtigen unterscheiden. Sie muss Lösungen suchen, die auch mehrheitsfähig sind.

Das bedingt auch, dass man nicht endlos an der eigenen Überzeugung festhalten kann, ohne deswegen zum Opportunisten zu werden. Das sind Balanceakte. Im Grunde genommen verstehe ich niemanden, der dieses Amt übernehmen will.

Sie hätten also keine Ambitionen dazu?

Niemals! Ich bin ja nicht wahnsinnig.

Das Gespräch führte Katrin Becker.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktualität, 20.09.2017, 06.50 Uhr.

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