Zum Inhalt springen

Header

Inhalt

70. Todestag von Hans Fallada Und er starb für sich allein

Mit 18 wollte er sich umbringen. Aber Hans Fallada lebte noch weiter – ein Leben geprägt von Drogen und Weltkriegen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Hans Fallada ist das Pseudonym von Rudolf Ditzen, der schon früh unter psychischen und Suchtproblemen leidet.
  • Den Durchbruch als Schriftsteller bringt 1932 der Roman «Kleiner Mann – was nun». Er wurde zum internationalen Besteller.
  • Hans Fallada beleibt während des Zweiten Weltkriegs in Deutschland und passt sich an. Die Kritik am NS-Regime schreibt er sich heimlich von der Seele.

An einem Tag im Oktober 1911, angetrieben durch die düsteren Taten grosser Romanhelden, fällt der erst 18-jährige Hans Fallada einen folgenschweren Entscheid: Zusammen mit einem Freund plant er einen Doppelsuizid – getarnt als Duell.

Der Freund stirbt, er selbst bleibt unversehrt. Den Schuss, den er darauf auf sich selbst abfeuert, überlebt er schwer verletzt und landet danach in einer psychiatrischen Klinik. Es wird nicht sein einziger Besuch in einer Kllinik bleiben.

Elf Tage Soldat

Hans Fallada wird 1893 als Rudolf Ditzen geboren. Nach einer schweren Kindheit verfällt er früh der Sucht, die sein Leben bestimmt.

Während des Ersten Weltkriegs dient er nur elf Tage als Soldat: Er wird aufgrund seiner Alkohol- und Morphiumsucht als untauglich eingestuft und aus dem Dienst entlassen.

Rudolf Ditzen wird zu Hans Fallada

Nach einem ersten Entzug zieht es Ditzen nach Berlin. Inspiriert von den Künstlern der Stadt nimmt er seinen Kindheitstraum wieder auf. Er will Schriftsteller werden.

Weil er in ganz Deutschland bekannt ist für das Selbstmord-Duell, drängt ihn sein Vater, seinen ersten Roman «Der junge Goedeschal» unter einem Pseudonym zu veröffentlichen. Angelehnt an zwei Figuren aus den Märchen der Gebrüder Grimm entsteht so der Name Hans Fallada.

Beiträge zum Thema

Box aufklappen Box zuklappen

Die Sucht lässt Fallada nicht los

Kurz nach der Veröffentlichung des «jungen Goedeschals» und dem Ende seiner ersten Beziehung, verfällt der psychisch labile Fallada erneut dem Morphium. Dieses Mal nimmt die Sucht überhand: Fallada unterschlägt bei seinem Arbeitgeber mehrere Tausend Reichsmark.

Er wird verurteilt und muss für knapp drei Jahre ins Gefängnis. Der Gefängnisaufenthalt ist eines jener prägenden Erlebnisse in Falladas Leben, die er in seine Romane einfliessen lässt.

Schreiben im Nationalsozialismus

Den Durchbruch als Schriftsteller bringt 1932 der Roman «Kleiner Mann – was nun». Er wurde zum Besteller. Nach Hitlers Machtergreifung im Jahr 1933 hat Fallada zunächst noch Glück: Bei der öffentlichen Bücherverbrennung im Mai 1933 bleiben seine Werke verschont.

Später jedoch bringt ihn die falsche Anschuldigung seiner Nachbarn, staatsfeindliche Äusserungen von sich gegeben zu haben, für mehrere Tage ins Gefängnis.

Regimetreu aus Verzweiflung

Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs ist Fallada 46 Jahre alt. Im Gegensatz zu vielen anderen Schriftstellern bleibt er mit seiner Frau Suse und den drei Kindern auch während der Kriegsjahre in Deutschland. So ist er täglich mit den Folgen des Nationalsozialismus konfrontiert – keine ungefährliche Situation für einen Schriftsteller, dessen Leben sich in seinen Werken spiegelt.

Es folgt die Erklärung zum «unerwünschten Autoren», die Fallada in eine tiefe Depression verfallen lässt. Erst, als sein Name von der Liste gestrichen wird, beginnt er erneut zu schreiben – unkritisch und regimegetreu.

Geheime Schriften

Zur Ruhe kommt er dennoch nicht. Im Sommer 1944 streitet sich Fallada mit seiner Exfrau und schiesst mit einer Pistole in einen Tisch. Erneut wird er in die Psychiatrie eingewiesen. Dort eingezwängt, zu dritt auf sechs Quadratmetern, verfasst er innerhalb von zwei Wochen ein neues Buch.

Während dieser kurzen Zeit schreibt er sich seine Verachtung der Nazis von der Seele: Verschlüsselt, auf dem Kopf und zwischen die Zeilen des Manuskriptes «Der Trinker» gekritzelt.

Jeder stirbt für sich allein

Nach seiner Entlassung heiratet Fallada Ursula Losch – eine junge Witwe, deren starke Morphium-Abhängigkeit auch seinen Ruin bedeutet. «Jeder stirbt für sich allein», ein Buch über die wahre Geschichte zweier Widerstandskämpfer im Zweiten Weltkrieg, ist Falladas letzter grosser Rausch.

In 24 Tagen schreibt er mehrere Hundert Seiten. Kurz darauf, am 5. Februar, 1947, stirbt er im Alter von 53 Jahren in Berlin an den Folgen seiner jahrelangen Sucht.

Sendung: SRF 1, Sternstunde Kunst, 5.2.2017, 11:55 Uhr

Meistgelesene Artikel