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Finnischer Jazz Ein Trompeter versöhnt sich musikalisch mit dem legendären Vater

Auf seinem neuen Album arbeitet der Trompeter Verneri Pohjola mit Musik seines Vaters. Und emanzipiert sich von ihm.

In seiner Heimat Finnland hat sich Verneri Pohjola beim Pori Jazz Festival 2004 den Titel eines «Young Artist of the Year» geholt. Die finnischen Jazzkritiker kürten ihn im selben Jahr zum besten Trompeter und Musiker des Jahres.

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Verneri Pohjola befreit sich aus dem Schatten seines Vaters
aus Jazz und World aktuell vom 27.06.2017.
abspielen. Laufzeit 9 Minuten 18 Sekunden.

Nun hat Verneri Pohjola das Album «Pekka» veröffentlicht. Darauf steht die Musik seines Vaters Pekka Pohjola im Fokus. Der 1952 geborene und 2008 verstorbene Jazz-Bassist und Komponist ist eine Legende in Finnland. Mit seiner Pekka Pohjola Group spielte er Jazzrock.

Im Schatten des Vaters

Der Trompeter Verneri Pohjola arbeitete an seiner Veröffentlichung mit einer klaren Vorstellung. «Dieses Werk ist keine Hommage an meinen Vater», sagt er. «Ich feiere ihn nicht als legendären Bassisten. Auf diesem Album will ich seine Musik auf meine Art und Weise spielen.» Rockig sollte es klingen: mit teils verzerrten Trompetentönen, Fender Rhodes und elektrischer Gitarre.

Es war nie leicht für den Trompeter, sich vom übermächtigen Vater loszulösen. Die permanenten Vergleiche verunsicherten ihn enorm. Immer wieder zweifelte er an sich. Zudem spielt Musik eine grosse Rolle in der ganzen Familie: Sein Bruder Ilmari ist Jazzmusiker, der Grossvater war Musikpädagoge und Chorleiter.

Die Trompete soll singen

Nach dem Besuch des Jazz-und-Pop-Konservatoriums und der Örebro-Musikschule hat Verneri Pohjola Jazzmusik an der Sibelius-Akademie studiert. Eines seiner wichtigsten Vorbilder war Miles Davis. Grosse Melodiebögen und zugleich ein virtuoser Umgang mit subtilen Zwischentönen zeichnen sein Trompetenspiel aus: Er will die Trompete zum Singen bringen.

Sein aktuelles Album «Pekka» ist eine Reise in die Kindheit des finnischen Trompeters. «The Dragon» – eines seiner Lieblingstücke – lässt schöne Momente wiederaufleben: Gebannt hörte der Sechsjährige das gleichnamige Stück des Vaters und dachte sich die Geschichte vom Drachen aus, der, versteckt im Wald, ein kleines Dorf terrorisiert.

Wie ein Onkel, der vorbeischaut

Auch der erwachsene Verneri Pohjola ist heute noch vom Stück über das Fabeltier angetan. Er hat immer noch so grossen Respekt davor, dass er es kaum verändert hat. Mit «Inke And Me» – ein anderer Song auf «Pekka» – aber verbindet Verneri Pohjola schmerzliche Erinnerungen: die Trennung seiner Eltern und die damit verbundene Angst.

Sendehinweis

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Trompeten in allen Facetten: «Jazz Aktuell» stellt Verneri Pohjola und andere junge Trompeter vor.

Verneri ist zwei Jahre alt, als sich seine Eltern scheiden lassen. Lange hat er keine Beziehung zu seinem Vater. «Inke And Me» musste der erwachsene Verneri Pohjola eine nun eigene Komposition entgegensetzen. Sie unterscheidet sich grundlegend von der seines Vater, sie ist leichter, jazziger und mit einem offenen Ende.

«Ich hatte immer gemischte Gefühle ihm gegenüber», erklärt Verneri Pohjola. «Denn er war eigentlich nie ein richtiger Vater für mich, sondern eher ein Onkel, der mal vorbeischaute und mit dem man dann Spass hatte.»

Musikalischer Befreiungsschlag

Erst als professioneller Musiker kommt Verneri Pohjola seinem Vater näher. Er spielt ab und zu mit ihm live. Der Junior erlebt den Senior als sehr streng. «Es hatte so zu sein, wie er es sich vorstellte», sagt er. «Ich dachte mir damals, ich würde die Musik ganz anders spielen.» Lange bleibt er reserviert, was die Musik seines Vaters angeht.

Mit «Pekka» ist ihm nun ein Befreiungsschlag gelungen. Jetzt sieht er seine Beziehung zu seinem Vater anders. «Ich kann ihn jetzt wirklich respektieren», sagt er: «Ich bin nun wirklich stolz auf die Kompositionen, die er hinterlassen hat.» Durch die Arbeit an dessen Musik hat sich Verneri Pohjola mit dem berühmten und doch abwesenden Vater versöhnt.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Jazz und World aktuell, 27.6.17, 20 Uhr

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