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Country Music Awards In der Country-Szene wird keine Kritik an Trump laut

Bei der ersten grossen Country-Preisverleihung seit der Wahl von Donald Trump zeigt sich: Der neue Präsident ist für das Genre eine heisse Kartoffel.

  • Der Country Music Award ist das konservative Gegenstück zum liberalen Hollywood- und Popmusikbetrieb.
  • Während der Verleihung äusserten sich die Musiker nicht politisch.
  • Daraus lasse sich aber nicht schliessen, die gesamte Countryszene bewundere Trump, sagen Musikkritiker.

Las Vegas: Drei Stunden lang präsentieren sich die derzeit grössten Countrystars zur besten Sendezeit im Fernsehsender CBS. Bei den Auftritten dominieren Liebesballaden und Crossover-Stile. Statt dem Banjo und der Fidel setzen die Bands das Rockschlagzeug und E-Gitarre ein. Manche Musiker treten mit Cowboyhut und -stiefeln auf die Bühne und etliche Sängerinnen tragen Kleider im Stil der 1950er-Jahre.

Geplanter Mainstream

Bei den meisten Vorführungen verschmilzt die traditionelle Countrymusik mit Rock und Funk. Sogar die Backstreet Boys geben eine Einlage. Geplanter Mainstream, denn der Fernsehsender CBS schielt auf die Zuschauerzahlen.

Der Hauptpreis «Entertainer of the Year» geht an Jason Aldean. Standesgemäss nimmt er mit schwarzem Cowboyhut und Dreitagebart die Trophäe entgegen. In einer kurzen Rede mit Südstaatenakzent bedankt er sich bei seinen Fans, seiner Frau und den Grössen der Countrymusikindustrie. Den artigen «Business as Usual» fern jeglicher politischer Anspielungen haben zuvor weitere Preisträger praktiziert.

Vorliebe für den America-First-Nationalismus

Damit steht die Countryszene allein auf weiter Flur. Denn viele Stars aus anderen Unterhaltungsbranchen kritisierten den Präsidenten in ihren Siegesreden. Manche haben schon im Wahlkampf vor einem Jahr offen Kritik an Trump und den Republikanern geübt und lehnten gar die Teilnahme an der Amtseinführung ab. Nicht so die Countrymusik-Stars Toby Keith und Lee Greenwood: Sie traten bei Trumps Feier in Washington auf.

Toby Keith umzingelt von uniformierten US-Soldaten.
Legende: Toby Keith sang 2005 für US-Soldaten in einem Camp in Baghdad. Keystone

Gerade Keith gibt sich seit Jahren extrem konservativ und singt mit Vorliebe für das Militär, die Polizei, die Kirche. Dabei verhehlt er nicht seine Vorliebe für den America-First-Nationalismus – was seine Fans am rechten Rand goutieren. Keith bedient sie politisch. Nicht zuletzt verdient er damit sein Geld.

Trump irritiert

Daraus lässt sich aber nicht schliessen, die gesamte Countryszene bewundere Trump insgeheim, sagen Musikkritiker. Denn der neue Präsident läuft mit seinem Gebaren oft auch konservativen Werten zuwider. Er hat Kriegshelden wie John McCain, den Senator aus Arizona, mehrfach beleidigt. Er ist zweimal geschieden und lügt immer wieder. Er ist weder Südstaatler noch Kirchgänger. Als konservative Leitfigur taugt der irritierende Trump einfach nicht.

Shut up and sing

Deshalb lautet das Motto der Countryszene in Anspielung an eine gleichnamige Kinodokumentation «Shut up and Sing». Der Film zeigt den Aufstieg und Fall des Countrytrios «Dixie Chicks». Sie kritisierten 2003 während des Irakkriegs den damaligen Präsidenten George Bush.

Dafür wurden sie als Landesverräter gebrandmarkt und von Radiosendern boykottiert. Der Dixie-Chicks-Effekt sitzt der Countrymusik-Industrie bis heute in den Knochen.

Politisch stillhalten und sich auf Kinder, Kirche und Küche beschränken lautet deshalb die Devise. Schief gehen kann dabei kaum etwas. Denn das liberale Amerika befindet sich abgeschlagen in der Opposition und man sitzt selbst gewissermassen auf der Regierungsbank.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur Kompakt vom 4. April 2017, 11:29 Uhr

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