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Musik Schaffhauser Jazz Festival: So klingt der aktuelle Schweizer Jazz

Die Festival-Übertragung vom Schaffhauser Jazz Festival auf Radio SRF2 Kultur gehört drei jungen Schweizer Jazz-Frauen: der Komponistin Luzia von Wyl und den beiden Sängerinnen Lucia Cadotsch und Lisette Spinnler. So klingt der aktuelle Schweizer Jazz – aus drei völlig verschiedenen Perspektiven.

  • 1. Lucia Cadotsch: erzeugt mit wenig Effekt viel Tiefe

    Traditionals sind alte Songs, die jeder kennt und liebt. Sie werden oft, manchmal gar zu oft, interpretiert. Jazzmusiker lassen eigentlich lieber ihre Finger von den Gassenhauern. Den umgekehrten Weg wählt die Zürcher Wahlberlinerin Lucia Cadotsch.
    Lucia Cadotsch schliesst die Augen. Neben ihr spielen ein Saxophonist und ein Bassspieler.
    Legende: Michael Jungblut

    Mit ihrem Trio rettet Lucia Cadotsch alte Songs hinüber ins Jetzt, ohne ihnen dabei die Seele zu rauben. Das gelingt dank einer spartanischen Besetzung, die aufhorchen lässt. Kein Harmonie-, kein Rhythmusinstrument, nur drei Stimmen erheben sich hier. Ganz in alter Bluestradition. Dazu Bass und Tenorsaxofon. Ein ungeheuer vielseitiges Saxofon übrigens: Es kreischt wie eine e-Gitarre, es singt wie zart gestrichene Flageoletts, es zieht beharrlich seine repetitiven Kreise, angeheizt von einem leidenschaftlich dunklen Bass. Gemeinsam mit Lucia Cadotschs klarem und doch weichem Gesang erschafft das Trio so Stimmungen, die in ihrer mutigen Kargheit berühren. Ihr Album «Speak Low» steht für eine klare Aussage: Ja, es gibt in der postelektronischen Moderne Platz für analogen und herrlich rohen Sound.

  • 2. Luzia von Wyl: eigene Musik für das eigene Ensemble

    Was macht eine Musikerin, die eine ganz bestimmte Vorstellung hat, wie Musik klingen muss? Sie macht es so, wie Luzia von Wyl: Sie gründet ihr eigenes Ensemble, mit genau den Instrumenten, die sie im Kopf hört, und genau den Musikern, die so spielen können, wie sie es will. Obwohl das in ökonomischer Hinsicht hochgradig unvernünftig ist.
    Luzia von Wyl und neun ihrer Musiker.
    Legende: Stefan Deuber

    Luzia von Wyl hatte von Anfang an ein Bein im Jazz und eines in der klassischen Musik. Also schreibt sie Musik, die genau organisiert ist, in grossen Bögen und mit einer Dramturgie des langen Atems. Die aber ebenso von der Improvisation lebt, der Unmittelbarkeit des ungeplanten Augenblicks und des individuellen Ausdrucks ihrer Musiker. Die kommen aus beiden Lagern: klassisch geschulte Instrumentalisten und Improvisatoren, die vor allem Streich- und Holzblasinstrumente spielen. Luzia von Wyls Musik ist vielschichtig und farbig. Sie groovt und sie fliesst ruhig. Manchmal ist sie elaboriert und manchmal ganz einfach. Aber immer klingt sie ganz nach Luzia von Wyl.

  • 3. Lisette Spinnler: die erdige Sängerin

    Auf kaum eine andere Schweizer Musikerin trifft die Beschreibung «erdig» so zu wie auf Lisette Spinnler. Die Basler Sängerin hat nicht nur eine wunderbar dunkle, beseelte, eben erdige Stimme – sie steht auch bei der Suche nach immer wieder neuen Ideen mit beiden Füssen auf dem Boden und macht Musik, die ganz aus dem Innern kommt.
    Lisette Spinnler
    Legende: Lisettespinnler.com

    Die Erdung hindert Lisette Spinnler dann aber nicht daran, im Konzert abzuheben. Im Gegenteil: Sie immer weiss, wo sie steht. Sie kann zum Beispiel auch mit Fantasie-Sprache auf die Bühne gehen und trotzdem erfolgreich kommunzieren. Wie vor sechs Jahren mit ihrem Album «Siawaloma». Unter diesen Voraussetzungen wird es ihr auch mit den neuen eigenen Songs auf Englisch ein Leichtes sein, schnell einen Draht zu finden zum Publikum. Zusammen mit ihren langjährigen Begleitern: Stefan Aeby, der am Piano nie um eine Antwort verlegen ist. Patrice Moret, der ein untrügliches Timing und immense Erfahrung mitbringt – und Michi Stulz, der in jedem Projekt immer wieder anders klingen kann und dabei doch sich selbst bleibt.

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