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Musik Tomasz Stanko – der Botschafter des polnischen Jazz

Wenn es um Jazz aus Polen geht, ist oft vom «polnischen Blues» die Rede. Ihre schönste Ausprägung findet die spezifisch polnische Melancholie im charakteristischen Trompetenklang von Tomasz Stanko.

Blasinstrumente eigenen sich besonders gut dafür, einen ganz bestimmten Sound zu transportieren, einen Sound, der oft auch für ein ganz spezifisches Lebensgefühl steht. Zum Beispiel braucht man bloss an die gestopfte Trompete von Miles Davis in «Ascenseur pour l’échafaud» zu denken, und man glaubt sie schon zu hören. Gleichzeitig tauchen Bilder auf von nassen Strassen des nächtlichen Paris. Wo der Atem so direkt im Spiel ist und an der Ausformung des Klangs beteiligt ist, da schwingt mehr an Emotion mit, als wenn bloss eine Klaviertaste gedrückt wird, und sei es auch noch so gefühlvoll.

Miles Davis und Krzysztof Komeda als Paten

Etwas Ähnliches bewirkt der Trompetensound von Tomasz Stanko, der seinerseits ein grosser Bewunderer von Miles Davis ist, und der selbst nicht wenige Filmmusiken geschrieben und gespielt hat. Und das ist kein Zufall: Stanko kam in den frühen 60er-Jahren in der Band des Pianisten Krzysztof Komeda ins Bewusstsein eines breiteren Publikums. Und Komeda war der Hauskomponist von Roman Polanski. Seine Musik zu «Rosemary’s Baby» wurde zu einem veritablen Hit und verkörpert dieses ikonographische Moment in Reinkultur.

Tomasz Stanko hat sich an Komedas Themen wieder und wieder abgearbeitet. Er hat sie live gespielt, auf Platten dokumentiert, und seinen Sound daran geformt und geschärft. So lange bis seine Version des Wiegenlieds aus «Rosemary’s Baby» fast stärker im Gedächtnis haften bleibt als das filmische Original, bei dem Mia Farrow das Thema selbst singt.

Botschafter des polnischen Jazz

Mit diesem Sound hat Tomasz Stanko aber auch Jazzgeschichte geschrieben. Ganz egal ob Jazzklassiker und Standards gespielt wurden, oder ob freie Formen angesagt waren: dieser Sound der offenen, ungedämpften Trompete wurde zu (s)einem Markenzeichen. Und Tomasz Stanko selbst wurde zu einem Botschafter des polnischen Jazz. Er wurde von Komedas Zögling über die Jahre zu einem Mentor für jüngere polnische Jazzmusiker wie etwa dem Trio um den Pianisten Marcin Wasilewski. Die fast schon genetisch codierte polnische Melancholie brachten sie mit, und bei Stanko hörten sie, wie daraus Musik entsteht, die nicht nur einfach traurig klingt.

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