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Netzwelt Vom Hobby zum Beruf: Wie man Star auf einer Videoplattform wird

Auf Youtube wurden in den letzten Jahren Dutzende zu grossen Stars. Aber auch andere Plattformen schmücken sich mit Aushängeschildern, die immer besser davon leben können. Einer dieser Stars ist der Luzerner Dylan Blau. Dank der Smartphone-App Vine konnte er sein Hobby zum Beruf machen.

Es war eine reichlich merkwürdige App, die sich Dylan Blau vor gut zwei Jahren auf sein Smartphone zog. Man konnte mit Vine nichts machen ausser kurze Videos, nur sechs Sekunden lang. Einmal veröffentlicht, wiederholten sich die Filme als kleine, lärmige Loops auf dem Mobiltelefon.

Dylan Blau ahnte damals nicht, dass diese App der Weg zu einem lukrativen Vollzeit-Job sein würde. Er lernte gerade für seine Abschlussprüfungen. Aber ihm wurde klar, dass er mit seinem Wirtschaftsstudium nichts machen konnte, was ihm so viel Spass machen würde wie diese neue App. «Man kann da kleine Meisterwerke kreieren», sagt er.

Seine Meisterwerke waren Animationsfilme, sogenannte Stop-Motion-Filme, von denen er immer mehr auf die App lud. Schon wenige Monate nach seinem ersten Filmchen – ein animierter Zauberwürfel – wurde Vine für Dylan Blau zu einem Geschäft: Seine Videos hatten ihn so bekannt gemacht, dass ein grosser Telekommunikationsanbieter aus Deutschland anrief und um einen Mini-Werbespot bat.

Kunst und Kommerz

Heute ist Vine im Besitz von Twitter und eine der erfolgreichsten Video-Apps der Welt. Stillschweigend haben begeisterte Nutzer wie Dylan Blau Millionen an «Followern» gesammelt und lukrative Karrieren aufgebaut. Ganz wie Youtube-Stars sind viele der Vine-Stars Botschafter für Marken geworden, die mit der Video-App junge Menschen erreichen wollen.

Kunst und Kommerz rücken hier ganz nah aneinander. Anders als auf Youtube gibt es auf der App noch keine Werbung, an deren Einnahmen die Videomacher mitverdienen könnten. Viele der Stars finanzieren sich durch das Präsentieren von Produkten in ihren Filmchen.

Doch, diese seien durchaus «artsier», sagt Blau, also künstlerisch anspruchsvoller, als die Filme auf Youtube. Das sehen Youtube-Anhänger anders, aber wie dem auch sei: Im Verlgeich ist Vine vor allem eines – viel, viel kleiner. Die App hat seine Nutzerzahlen schon lange nicht mehr aktualisiert, doch sie dürften nur ein Bruchteil der Milliarde sein, die Youtube vorweisen kann.

«Schlug ein wie eine Bombe»

Sein bisher erfolgreichstes Filmchen lud Dylan Blau im Februar 2014 hoch. Ein virtueller Sprung in das Buch «Sherlock Holmes». «Es schlug ein wie eine Bombe.» Die Plattform hob das Video auf die Startseite und verschaffte Dylan so viele Zuschauer wie noch nie.

Das zahlte sich aus. Der Software-Gigant Microsoft lud den jungen Luzerner an eine Konferenz nach New York ein, wo er Werbern und Marketingleuten erzählen sollte, wie man sich auf dieser neuen Plattform Aufmerksamkeit verschafft.

In New York traf Blau auf einen der grössten Stars der Plattform. Jerome Jarre, ein junger Franzose, hatte mit seinem Mix aus Comedy und Seifenoper acht Millionen Follower gewonnen. Im Zuge dieses Erfolges gründete er die Agentur Grapestory mit, die Vine-Stars vertritt.

«Jerome hatte mir gesagt, wie toll er meine Filme findet», erzählte Dylan Blau. «Vor allem ‹The Detective›, den Sherlock-Holmes-Film. Er sagte mir, dass sie nach talentierten Leuten suchen und ob ich mitmachen will.» Wenig später habe Blau den Vertrag unterschrieben. Nun erhält er für jedes Video mehrere tausend Franken und produziert für Firmen wie Bank of America, T-Mobile oder Chevrolet.

Parat für Grösseres

Heute sei Vine sein Job, erzählt Blau in seinem mobilen Studio, das er momentan in seinem Kinderzimmer in der Wohnung seiner Eltern nahe Luzern aufgebaut hat. Doch Vine sei mehr als das: «Ich habe dadurch viele coole Leute kennengelernt. Es ist wie eine kleine Familie. Ich fühle mich da einfach wohl.»

Momentan sucht Blau nach einer eigenen Wohnung in Luzern. Aber wohl nur für kurze Zeit. «Die Schweiz ist nicht für mich gemacht. Ich muss Leuten hier immer erklären, was ich eigentlich mache.» Denn Vine kenne hier kaum jemand, eine Community wie in den USA gebe es schon gar nicht. «Ich fühle mich parat für etwas Grösseres.» Er verhandle derzeit mit einem Produktionsstudio in Los Angeles. Da würde er dann richtige Fernsehspots produzieren, als «Director». Dass das alles mit dieser reichlich merkwürdigen App angefangen hat, werde er nie vergessen, sagt Blau.

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