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Open Access-Debatte Wer Wissen will, muss zahlen

Der Nationalfonds fördert die Forschung in der Schweiz mit öffentlichen Mitteln. Jedoch verschwindet ein beachtlicher Teil der Forschungsergebnisse hinter den Paywalls der Verlage. Leidtragende sind die Universitäten. Sie zahlen für diese Ergebnisse – folglich: Die öffentliche Hand zahlt zweimal.

  • Der Nationalfonds fördert Forschung. Die Ergebnisse werden bei Verlagen publiziert, die viel Geld für den Zugang zu den Artikeln verlangen.
  • Öffentlich subventionierte Forschung sollte frei zugänglich sein fordert der Nationalfonds.
  • Der Herausgeber einer wissenschaftlichen Open Access-Zeitschrift Adriano Aguzzi hält dagegen: Open Access macht nicht nicht alles billiger und besser.

«Ein Grossteil der Publikation der Verlage sind für den Bürger, die Bürgerin nicht frei zugänglich», beklagt Ingrid Kissling-Näf vom Nationalfonds. Die grossen Wissenschaftsverlage Elsevier, Springer und Wiley seien dafür verantwortlich. Denn die Paywall-Gebühren für den Zugang zu den Forschungsergebnissen bezahlen in erster Linie die Universitätsbibliotheken.

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Wenn Forschungsergebnisse publiziert werden sollen, legen Forschergruppen ihre Resultate Verlagen vor. Das Überprüfen der Studien erledigen meist Fachkollegen, die dafür nicht bezahlt werden. Die Resultate werden dann in spezialisierten Forschungszeitschriften publiziert. Der Zugang zu den Zeitschriften kostet die Universitäten wiederum Geld.

«Die Gebühren, die die Bibliotheken im Jahr bezahlen, also die Lizenzen und Abonnements, kosten im Jahr 70 Millionen Franken», weiss Kissling-Näf. Das sind 70 Millionen Franken aus Steuermitteln – alleine in der Schweiz.

Freier Zugriff zu Forschungs-Ergebnissen

Der Schweizerische Nationalfonds fordert deshalb schon seit einigen Jahren Open Access, also den freien Zugriff zu den Ergebnissen – zumindest für öffentlich finanzierte Forschung. Je nach Forschungsrichtung ist Open Access schon heute verbreitet.

In Deutschland etwa haben Ende letzten Jahres 60 Universitäten beschlossen, dem grössten Verlag Elsevier keine Gebühren mehr zu bezahlen. Der Wissenschaftsverlag reagierte prompt und blockierte den Zugriff. Tausende deutsche Wissenschaftler mussten Umwege gehen, um zu den gesuchten Forschungsresultaten zu kommen.

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Open Access als Geldmaschine

Dass Open Access nicht immer alles besser und billiger macht weiss Medizinprofessor Adriano Aguzzi von der Universität Zürich. Er betreut selber als Chefredaktor die Open Access-Publikation «Schweizerische medizinische Wochenzeitschrift».

Grundsätzlich sei Open Access eine gute Sache, sagt Aguzzi, er sähe aber zwei grosse Stolpersteine: Forscherinnen und Forscher müssten für eine Open-Access Publikationen im Netz heute fast immer selber bezahlen. Die Zeitschriften hätten daher den Anreiz alles zu publizieren, denn jede Publikation bedeute Geld.

Räuberzeitschriften drängen auf den Markt

Tatsächlich gibt es zahlreiche Zeitschriften, deren Geschäftsmodell es ist, so viel wie möglich zu publizieren. Sie heissen Predatory Journals, Räuberzeitschriften. Adriano Aguzzi hat täglich ein Dutzend solcher Anfragen in seiner Mailbox und schliesst daraus: « Open Access, wie es zurzeit betrieben wird, führt zu einer allgemeinen Verschlechterung der Qualität der Publikationen.»

Das Gegenmittel seien Qualitätsstandards. Durch das kritische Gegenlesen durch Fachkollegen und bei der Auswahl der Artikel. Damit kommt Aguzzi zu Stolperstein Nummer zwei: zum Geld.

Eine Lösung: Subventionen für Zeitschriften

Open Access bedeute nämlich nicht, dass der Zugang zu Forschungsresultaten günstiger werde. Hinter einer gut gemachten Publikation im Netz stecke viel Arbeit, und die habe ihren Preis. Daher fordert Aguzzi: «Die Zeitschriften sollen direkt von den Institutionen subventioniert werden.» Denn die öffentlichen Universitäten blieben sowieso auf den Kosten sitzen.

In der Schweiz soll Open Access bis 2024 Alltag werden. So wollen es die Hochschulen. Ein Aktionsplan soll bis Sommer 2016 vorliegen.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Wissenschaftsmagazin, 1.4.2017, 12:40 Uhr.

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