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«Abstimmungs-Arena» zum Covid-19-Gesetz
Aus Arena vom 19.11.2021.
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Strittige Aussagen zu Corona Arena zum Covid-Gesetz: Sieben Behauptungen im Faktencheck

In der «Abstimmungsarena» zur Covid-Gesetz-Abstimmung wurde viel behauptet. Die Wissenschaftsredaktion hat die Aussagen geprüft.

1. Behauptung

 Immer mehr Geimpfte streuen das Virus.

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Stephan Rietiker: «Wir marginalisieren die Ungeimpften»
Aus News-Clip vom 20.11.2021.
abspielen. Laufzeit 23 Sekunden.

Teilweise korrekt.  Der Impfschutz lässt mit der Zeit nach, von 90% Schutz vor symptomatischer Erkrankung auf 50% oder noch weniger, je nach Datenlage. Damit stecken sich prinzipiell auch Geimpfte öfters an als noch vor einigen Monaten. Aussagekräftige Zahlen aus der Schweiz gibt es dazu nicht, es wird nur ein Teil der Impfdurchbrüche erfasst. Daten aus Österreich zeigen, dass dort Geimpfte aktuell rund 40% der positiven Corona Tests ausmachen.

Weil aber eine Mehrheit der Menschen geimpft ist, relativiert sich diese Zahl etwas – und zeigt einen noch immer funktionierenden, aber reduzierten Impfschutz an. Ohne Impfschutz müsste die Prozentzahl der Durchbrüche praktisch gleich sein wie die Prozentzahl der geimpften Personen, dies als Gedankenspiel, also rund 65%.

Geimpfte können andere Menschen anstecken, tun dies aber in geringerem Mass als Ungeimpfte. Je länger die Impfung her ist, desto mehr kann man andere auch wieder anstecken. Dies zeigt die britische Studie von Eyre et al., die eine grosse Datenbasis hat.

14 Wochen nach der Impfung war die Übertragung noch fast um die Hälfte geringer bei Geimpften als bei Ungeimpften. Studien mit deutlich weniger Personen, die spezifisch Übertragungen im Haushalt anschauen, kommen teilweise auf andere Schlüsse. Auf der «Empfängerseite», also die Person, die sich ansteckt, macht es aber ebenfalls einen grossen Unterschied, ob geimpft oder ungeimpft; auch nach 6 Monaten ist die Schutzwirkung noch da vor einer Ansteckung.

Zusammenfassend kann man sagen: Geimpfte verbreiten das Virus ebenfalls, aber in geringerem Mass als ungeimpfte Personen. 

Befürworter und Gegner in der Arena

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Als Befürworter der Vorlage war in der «Arena»:

  • Alain Berset, Bundesrat und Vorsteher Eidgenössisches Departement des Innern EDI

Gegen die Vorlage traten an:

Weitere Befürworterinnen und Befürworter der Vorlage waren:

Faktencheck:

2. Behauptung

Immer mehr Geimpfte kommen in die Spitäler.

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Stephan Rietiker: «Immer mehr Geimpfte landen in Spitälern»
Aus News-Clip vom 20.11.2021.
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Korrekt, aber Vorsicht bei der Interpretation. In absoluten Zahlen werden es immer mehr. Seit Anfang August 2021 stieg die Anzahl von Personen, die geimpft ins Spital kommen, von rund 2 Personen pro Tag auf gut 17 Personen. Der Anstieg war zu erwarten, weil im gleichen Zeitraum immer mehr Menschen doppelt geimpft wurden (Anstieg von 50% auf 65% seit 1.8.). Dazu kommt, dass der Impfschutz mit der Zeit abnimmt. Diese beiden Entwicklungen tragen zum Anstieg bei. 

Um aber zu schauen, wie gut die Impfung noch schützt, sind die relativen Zahlen entscheidend: Wie viele Menschen müssen anteilsmässig (z.B. pro 100’000 Einwohner) ins Spital, bei geimpften und ungeimpften Personen. Gemäss den Zahlen des BAG ist bei den über 80-Jährigen dieses Verhältnis im Moment 1:7. Bei den 70-79-Jährigen beträgt das Verhältnis 1:10 – und auch bei den anderen Altersklassen zeigt das Verhältnis klar einen noch immer funktionierenden Impfschutz vor Hospitalisierung an. 

3. Behauptung 

Aerosole sind der Hauptübertragungsweg bei Corona.

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Martin Bäumle, Nationalrat GLP:«Der Hauptübertragungsweg findet in Innenräumen statt»
Aus News-Clip vom 20.11.2021.
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Möglicherweise korrekt. Es gibt überzeugende, plausible Argumente für diese Aussage, unter anderem die Beobachtung, dass SARS-CoV2 sehr viel stärker in Innenräumen übertragen wird als in Aussenbereichen und auch über grössere Distanzen hinweg. Oder die Tatsache, dass Superspreading-Events bei SARS-CoV2 eine grosse Rolle spielen. Diese Ungleichverteilung in der Ansteckungshäufigkeit ist bei Übertragung durch Aerosole sehr viel plausibler als bei Übertragung durch grössere Tröpfchen oder über Oberflächen – aber es ist sehr schwierig, die Existenz von infektiösen Viren auf Aerosolen direkt nachzuweisen, und damit diesen Übertragungsweg zweifelsfrei zu belegen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO bleibt entsprechend zurückhaltend damit, Aerosole zum Hauptübertragungsweg zu erklären. 

4. Behauptung

Schweden steht in der Pandemie besser da als die Schweiz, und das mit vergleichsweise milden Massnahmen. 

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Bäumle und Ender über das Beispiel Schweden
Aus News-Clip vom 20.11.2021.
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Gegen-Behauptung: Schweden hatte zeitweise stärkere Massnahmen als die Schweiz und wurde von der Pandemie stärker getroffen. 

Die Gegen-Behauptung ist korrekt. Der Unterschied zwischen der Schweiz und Schweden in wichtigen Pandemie-Kennzahlen ist nicht allzu gross: Schweden zählte seit Beginn der Pandemie knapp 117'000 Infizierte und knapp 1500 Tote, jeweils pro Million Einwohner. Die Schweiz zählte knapp 108'000 Infizierte und etwas über 1300 Tote pro Million Einwohner. Damit hat Schweden für beide Kennzahlen höhere Werte. Die Massnahmen in Schweden waren dabei gemäss Angaben des Oxford Stringency Index über grössere Zeiträume hinweg strenger als in der Schweiz. Der Oxford Stringency Index ist eine Initiative der Universität Oxford, der die Corona-Massnahmen verschiedener Länder erfasst und in einem Zahlenwert zusammenfasst. Dieser ist mit Unsicherheiten behaftet, ergibt aber ein grobes Bild, wie stark oder mild die Massnahmen in einem Land waren und sind. 

5. Behauptung

Wir wissen, dass es in Restaurants kaum Ansteckungen gibt.

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Josef Ender: «Die Gastrobranche leidet massiv»
Aus News-Clip vom 20.11.2021.
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Falsch. Es ist sehr aufwändig, Ansteckungsorte zweifelsfrei nachzuweisen. Richtig wäre: Wir wissen nicht genau, wie viele Ansteckungen es in Restaurants gibt. Der Umkehrschluss, dass es kaum Ansteckungen gibt in Restaurants, ist aber nicht zulässig.  

Drei Gesichtspunkte sind wichtig: Wie gut ist die Datenlage über Ansteckungsorte insgesamt? Was sagen Studien über Ansteckungen in Restaurants? Und sind Ansteckungen in Restaurants von der Biologie des Virus her plausibel oder nicht?

Die Datenlage über Ansteckungsorte ist nicht besonders gut, deshalb gab und gibt es viele Ansteckungen, bei denen nicht bekannt ist, wo die Ansteckung stattgefunden hat. Laut BAG im Dezember 2020 sind dies mehr als die Hälfte. Im August 2020 veröffentlichte das BAG Ortsangaben zu knapp 800 Ansteckungen, hier waren mehr als 40% unklar. Die Aussage, man wisse, dass es in Restaurants kaum Ansteckungen gibt, ist in der Form nicht haltbar.

Es gibt inzwischen einige Studien (1,2,3), die Ansteckungsketten oder Ausbrüche in Restaurants klar belegen oder nahelegen.

Das Coronavirus verbreitet sich besonders in Innenräumen, wenn Menschen zeitweise ohne Mundschutz länger im gleichen Raum sind und miteinander sprechen. Weil Aerosole in der Übertragung von SARS-CoV2 eine wichtige Rolle spielen, sind ohne ausreichende Lüftung auch mit Abstandsregeln Ansteckungen wahrscheinlich.  

6. Behauptung  

97% der Todesfälle sind bei über 60-Jährigen zu beklagen. 

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Martina Bircher, Nationalrätin SVP: «Corona ist vor allem bei den Älteren eine schwere Erkrankung»
Aus News-Clip vom 20.11.2021.
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Korrekt. Gemäss den Zahlen der Wissenschaftlichen Task Force (Swiss National COVID-19 Science Task Force) sind 97% der Todesfälle bei den über 60-Jährigen zu beklagen. Die über 80-jährigen Menschen waren besonders betroffen: 70% der Todesfälle gab es alleine in dieser Altersgruppe. Schaut man am anderen Ende der Altersverteilung ist das Bild ganz anders: Bei unter 40-Jährigen gab es 22 Todesfälle, das entspricht 0.2% aller Todesfälle. 

7. Behauptung 

Die aktuelle Virusvariante ist ansteckender und verursacht schwerere Verläufe. 

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Alain Berset, Bundesrat: «Der heutige Virus ist viel ansteckender»
Aus News-Clip vom 20.11.2021.
abspielen. Laufzeit 22 Sekunden.

Korrekt. Die Deltavariante, die seit August in der Schweiz dominiert, ist ansteckender als die Alpha-Variante, die noch im März 2021 dominant war. Der R0-Wert ist dafür die zentrale Kennzahl: Er gibt an, wie viele Menschen im Schnitt ein Infizierter ansteckt, wenn keine Massnahmen ergriffen werden. Er liegt für Alpha bei 4-5 und für Delta bei 5-8.  Menschen, die sich mit der Delta-Variante infizieren, haben ein höheres Risiko schwer zu erkranken, als Menschen, die sich mit der Alpha-Variante infizieren

Arena vom 19.11.2021

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