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International Bleibt die UNO-Spitze für Frauen unerreichbar?

Dutzende Staaten und NGO fordern mit aller Deutlichkeit: Das UNO-Generalsekretariat soll endlich an eine Frau gehen. Doch nach der ersten – eigentlich geheimen – Abstimmungsrunde im Sicherheitsrats sieht es für die weiblichen Kandidatinnen nicht gerade rosig aus.

Über 60 Länder, zahlreiche Organisationen und Mitarbeiter der Vereinten Nationen sagen klar: Die Nachfolge von Generalsekretär Ban Ki-Moon soll eine Frau antreten – es wäre die erste an der Spitze der UNO. Und tatsächlich ist die Hälfte der zwölf offiziellen Bewerber, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen weiblichen Geschlechts, was für die seit jeher von Männern dominierte Organisation bereits eine kleinere Revolution darstellen dürfte.

Doch kommt tatsächlich eine Frau zum Zug? Die erste Abstimmung, die am Donnerstag nach Monaten der Bewerbungsgespräche und Anhörungen im UNO-Sicherheitsrat stattfand, lässt daran zweifeln. Als Top-Favorit setzte sich der frühere Chef des UNO-Flüchtlingshilfswerks, der Portugiese António Guterres, durch. «Er ist der Mann, den es zu schlagen gilt», sagte ein UNO-Diplomat.

Knapp hinter dem Portugiesen landete Sloweniens ehemaliger Präsident Danilo Türk. Erst auf Platz drei folgte eine Frau: Die aus Bulgarien stammende UNESCO-Chefin Irina Bokova – das viertbeste Ergebnis fuhr schliesslich Neuseelands Ex-Regierungschefin Helen Clark ein. Die restlichen Kandidatinnen landeten abgeschlagen auf hinteren Rängen.

Gibt es erstmals ein Zweierticket?

Trotz heftigen Drucks von aussen: Offenbar sei die Frauenfrage für einen Grossteil der Mitglieder des Sicherheitsrates nicht entscheidend, sagt SRF-UNO-Korrespondent Fredy Gsteiger. «Man will sich das nicht vorschreiben lassen und nimmt sich die Freiheit, nicht zwingend eine Frau zu wählen.»

Zudem gebe es nach wie vor die Option, dass der Generalversammlung im Oktober nicht bloss einer, sondern zwei Kandidaten zur Auswahl vorgeschlagen würden. Ein solches Zweierticket wäre ein bemerkenswertes Novum: Bis anhin unterbreitete der Sicherheitsrat jeweils einen Einervorschlag «zum Abnicken» – ein Umstand, der in der Vergangenheit immer wieder auf Kritik gestossen war. Für Gsteiger steht jedenfalls fest: «Gibt es eine Zweierkandidatur, dann muss mindestens eine Frau darunter sein.»

Guterres in der Pole Position

Es liegt also durchaus noch im Bereich des Möglichen, dass in wenigen Monaten eine UNO-Chefin gekürt wird. Allerdings müsste sie dafür den als Top-Favorit gesetzten António Guterres übertrumpfen, was nicht leicht werden dürfte. Der Portugiese habe in den Hearings sehr gut abgeschnitten, erklärt Gsteiger. Auch überzeuge sein Leistungsausweis als jahrelanger Chef des UNO-Hochkommissariats für Flüchtlinge.

Ein starker Kandidat demnach. Vielleicht sogar zu stark? Schliesslich ist allgemein bekannt, dass die Vetomächte Bewerber bevorzugen, die nicht allzu sehr aufmucken. Das könnte heuer anders sein, sagt Gsteiger. «Aufgrund der aktuellen Weltlage haben sich zumindest die USA, Grossbritannien und Frankreich dafür ausgesprochen, dass sie diesmal eine überzeugende Führungsfigur wollen.» Oder anders ausgedrückt: «Mehr General, weniger Sekretär.»

Guterres werde das Amt zugetraut und er geniesse einen tadellosen Ruf, auch hierzulande. Zwar hatte die Schweiz im Vorfeld ebenfalls erklärt, grundsätzlich eine Generalsekretärin zu bevorzugen. «Doch steht Guterres zur Auswahl, bin ich nicht sicher, ob die Schweiz tatsächlich konsequent eine Frau wählen würde», so Korrespondent Gsteiger.

Sendebezug: SRF 4 News, 18. Juli 2016, 03:00 Uhr

Eigentlich wäre Osteuropa an der Reihe...

Informell ist die UNO in fünf geographische Gruppen aufgeteilt, wobei «Osteuropa» bislang noch nie zum Zug kam. Laut Gewohnheitsrecht stünde das Amt des Generalsekretärs deshalb eigentlich einem osteuropäischen Land zu. Ein Umstand, den die Bulgarin Irina Bokova erfüllt – wie auch Sloweniens Ex-Präsident Danilo Türk, der bei der Abstimmung im Sicherheitsrat auf dem zweiten Platz landete. Doch: «Der Anspruch Osteuropas ist zwar da, wird aber nicht als zwingend angeschaut», sagt SRF-Korrespondent Fredy Gsteiger. «Es würde mich nicht völlig erstaunen, wenn man ihn bei der Wahl ausser Acht lässt.»

Eine «geheime» Abstimmung

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Die erste Kandidaten-Abstimmungfand hinter verschlossenen Türen statt. Trotzdem sickerten die Ergebnisse rasch durch. Erstaunlich ist das nicht: Von allen 15 Ländern im Sicherheitsrat waren je ein Botschafter und ein Diplomat im Saal, also mindestens 30 Leute. Geheim bleibt da erfahrungsgemäss wenig.

Fredy Gsteiger

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Portrait von Fredy Gsteiger

Der diplomatische Korrespondent ist stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St.Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» und Chefredaktor der «Weltwoche».

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