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International «Die EU muss etwas gegen diese Schande unternehmen»

Das Flüchtlingsdrama vor Lampedusa hat nicht nur Italien schockiert, sondern ganz Europa aufgeschreckt. Nun werden von Rom bis Brüssel Forderungen laut, die europäische Flüchtlingspolitik zu überdenken.

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Peter Arbenz, Ex-Direktor des BFF, ist pessimistisch
aus SRF 4 News aktuell vom 04.10.2013.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 26 Sekunden.

Trotz intensiv kontrollierter Aussengrenzen Europas sind seit Anfang Jahr Zehntausende von Flüchtlingen an den Küsten Südeuropas gestrandet. Was muss man in der Flüchtlingspolitik ändern, damit Dramen wie vor Lampedusa verhindert werden können?

Peter Arbenz ist ehemaliger Direktor des Bundesamtes für Flüchtlinge. Er sieht zwei Hauptstossrichtungen, eine defensive und eine präventive. «Man müsste beim Kampf gegen die Schlepper ansetzen, und das natürlich international», sagt er gegenüber SRF. Und mit den Herkunftsländern müssten vermehrt Migrationspartnerschaften geschlossen werden.

Dialog mit Herkunftsstaaten

«Wir sprechen da von einigen Hundert möglichen Ausbildungs- und Praktikumsplätzen, die man den Vertriebenen anbieten könnte – nicht von Millionen», gibt Arbenz zu bedenken. Die Flüchtlingsproblematik würde damit nicht komplett entschärft, aber es wäre eine Weg, mit den Herkunftsländern zu verhandeln.

Video
Europas Dilemma mit den Flüchtlingen
Aus 10 vor 10 vom 04.10.2013.
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Denn diese Staaten seien alle selbst auch unter Druck: «Die Jugend hat keine Ausbildungsplätze, keine Arbeitsplätze, sie sucht Möglichkeiten zu überleben und Chancen zu haben, dort wo es sie gibt.» Und das ist vor allem in Europa – nicht nur in der Schweiz, sagt der ehemalige Flüchtlingsdelegierte Arbenz.

Schwachstelle libysche Grenze

Kaum kontrolliert wird die libysche Grenze, von wo aus viele Schlepper mit ihren maroden Flüchtlingsbooten in See stechen. Wenn die EU-Justizminister sich nächsten Dienstag treffen, wird die politische Lage in dem Land ein Thema sein.

«Der vor zwei Jahren gestürzte Diktator Muamar al-Ghadafi hatte die Flüchtlinge noch aufgehalten. Europa bezahlte ihn dafür mit Geld und mit Anerkennung», sagt Urs Bruderer, SRF-Korrespondent in Brüssel. Doch Ghadafi ist inzwischen tot, Libyen im Chaos. Darum sterben jetzt weniger Flüchtlinge im Sand der Sahara, und dafür mehr in den Wellen vor Lampedusa.

Nicht nur im Mittelmeer

Flüchtlinge ertrinken aber nicht nur vor Lampedusa, sondern auch in der Meerenge von Gibraltar oder vor den kanarischen oder griechischen Inseln. In den Bergen zwischen der Ukraine und Polen erfrieren sie, oder sie sterben in den Minenfeldern zwischen der Türkei und Griechenland. Tausende Menschen sind es jedes Jahr.

Eine syrische Frau zeigt auf ihr Baby auf dem Arm, im Vorderdrund ein Mann in einer Rot-Kreuz-Jacke.
Legende: Tausende Flüchtlinge sterben an den EU-Aussengrenzen. Reuters

Die EU müsse etwas gegen diese Schande unternehmen, heisst es überall. «Die zuständige EU-Kommissarin macht seit Jahren Vorschläge», weiss Bruderer. «Sie schlägt vor, mehr Afrikaner legal einreisen zu lassen, insbesondere Studenten.» Im Gegenzug soll Europa von den Herkunftsländern fordern, dass sie gegen Schlepper vorgehen und Flüchtlinge, die es bis hierher geschafft haben, wieder zurücknehmen.

Ausweichen auf gefährliche Routen

Doch solche Abkommen scheitern aus zwei Gründen, erklärt Bruderer: «Am Willen der EU-Länder, die legale Einreisemöglichkeiten zu erweitern und an der Fähigkeit eines Landes wie etwa Libyen, seine Gegenleistungen zu erbringen.» Solidarisch seien die Länder nur in der Verschärfung der Kontrolle der EU-Aussengrenzen. «Dafür geben sie ständig mehr aus – und treiben die Flüchtlinge damit auf immer gefährlichere Routen.» Viele von ihnen bezahlen dies am Ende mit ihrem Leben.

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