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International «Die Schweiz wird sich kaum auf Grossbritannien berufen können»

Grossbritannien soll eine Art Notbremse erhalten, um Sozialleistungen für Immigranten notfalls auszusetzen. Offen ist, ob das reicht, um die Briten in der EU zu halten. Zudem bleibt unklar, was das für die Schweiz bedeutet, die eine Schutzklausel für die Beschränkung der Zuwanderung möchte.

Nach den Vorschlägen von EU-Ratspräsident Donald Tusk soll Grossbritannien eine «Notbremse» erhalten, die ein Beschränken von bestimmten Sozialleistungen für zugewanderte EU-Bürger erlauben soll. Ob die Zugeständnisse reichen, um eine Mehrheit der Briten von einem Verbleib in der EU zu überzeugen, bleibt offen, wie SRF-Korrespondent Martin Alioth ausführt.

SRF News: Wie weit kommt die EU mit den Vorschlägen den Briten entgegen? Erhält Premier Cameron von Brüssel, was er gewollt hatte?

Martin Alioth: Die EU kommt London wohl so weit entgegen, wie dies möglich ist, ohne die EU-Verträge umzuschreiben. Zwar wollte Cameron ursprünglich einen Umbau der britischen EU-Mitgliedschaft, doch die Vorschläge aus Brüssel mögen inzwischen auch für den Premier genügen. Denn ein Drittel der britischen Wählerinnen und Wähler will sowieso aus der EU austreten – egal, was Cameron in Brüssel aushandelt. Ein weiteres Drittel ist gewillt, so oder so in der EU zu bleiben. Es geht also um rund 20 bis 30 Prozent der Stimmbürger, die überhaupt noch auf Argumente hören. Wenn ihnen nun das Gefühl gegeben werden kann, dass Cameron wichtige Zugeständnisse erstritten habe, mag das reichen für einen Verbleib Grossbritanniens in der EU.

Kann Cameron die Zuwanderung nach Grossbritannien mit dem EU-Kompromiss wirklich eindämmen?

Das ist eine unbewiesene Hypothese. Aber die Behauptung, dass das Vereinigte Königreich künftig für Einwanderer weniger attraktiv sein werde, lässt sich auch nicht widerlegen. Es handelt sich also – wie bei so vielen Fragen zu diesem Thema – um eine Glaubensfrage.

Was heisst das für die «Brexit»-Abstimmung? Bald sollen die Britinnen und Briten ja über einen Austritt aus der EU abstimmen.

Wenn alles nach Plan läuft, soll die Abstimmung am 23. Juni stattfinden. Allerdings gilt es bis dahin noch manche Klippe zu umschiffen. Nicht zuletzt müssen die Staats- und Regierungschefs der anderen 27 EU-Mitgliedsländer dem Papier von EU-Ratspräsident Donald Tusk zustimmen oder es in für die Briten erträglicher Art und Weise modifizieren.

Audio
Das Angebot der EU an Premier Cameron und das britische Volk
aus Rendez-vous vom 02.02.2016. Bild: Reuters
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 37 Sekunden.

Was bedeutet das Angebot der EU an Grossbritannien? Wankt nun der Grundsatz der Personenfreizügigkeit?

Ich glaube nicht, dass man so weit gehen kann. Dafür ist die nun vorgestellte befristete Notbremse zu unbedeutend. Zudem sind die fraglichen Einkommenszuschüsse ohne vorgängige Beitragspflicht ein spezifisch britisches Phänomen. Es dürfte für andere EU-Länder oder die Schweiz schwierig werden, sich auf den britischen Präzedenzfall zu berufen.

Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.

Was heisst das für die Schweiz? SRF-Bundeshausredaktor Philipp Burkhardt:

«Interessant ist, dass Brüssel mit Grossbritannien nun über eine Art Schutzklausel spricht, die nicht nur vorübergehender Natur wäre. Das kommt der Schweiz insofern entgegen, als dass Bern ebenfalls eine dauerhafte Schutzklausel verlangt, um die Masseneinwanderungs-Initiative umsetzen zu können. Allerdings will die Schweiz die Höhe der Zuwanderung begrenzen und nicht bloss den Zugang zu Sozialleistungen erschweren, wie das Grossbritannien fordert. Deshalb bleibt weiterhin offen, ob die EU bereit ist, das Modell einer dauerhaften Schutzklausel auch für die Begrenzung der Zuwanderung zuzulassen.»

Martin Alioth

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Porträt Martin Alioth

Der Grossbritannien- und Irland-Korrespondent von Radio SRF lebt seit 1984 in Irland. Er hat in Basel und Salzburg Geschichte und Wirtschaft studiert.

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