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International Die Wahl, die eigentlich keine ist

Der seit mehr als 20 Jahren autoritär regierende Staatschef Lukaschenko darf in Weissrussland mit einer fünften Amtszeit rechnen. Die Wahl am Sonntag ist geprägt vom Ukraine-Konflikt: Selbst einige Oppositionelle wollen derzeit keinen Machtwechsel – aus Angst vor einem Krieg mit Russland.

Am Sonntag wählen die Weissrussen einen neuen Präsidenten. Doch «neu» ist hier wohl das falsche Wort. Denn Amtsinhaber Alexander Lukaschenko wird wiedergewählt werden – das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Seit nunmehr 21 Jahren hält der autoritär regierende Präsident das Land fest in den Händen und muss auch bei der Präsidentenwahl am Sonntag keinen Gegner fürchten.

Unterdrückte Opposition

Proteste nach den Wahlen 2010

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Bei der letzten Wahl 2010 hatte die Wahlkommission Lukaschenko knapp 80 Prozent der Stimmen zugesprochen. Bei anschliessenden Massenprotesten wurden zahlreiche Regierungsgegner verletzt und hunderte festgenommen, darunter Lukaschenkos Herausforderer Nikolai Statkewitsch. Erst kürzlich wurden sie freigelassen.

Seit Lukaschenko 1994 an die Macht kam, hat er alle demokratischen Institutionen ausgehebelt. «Zu viel Demokratie ist ekelerregend», sagte der 61-Jährige einmal. Opposition, Menschenrechtler und Medien klagen über Repressionen wie zu Sowjetzeiten. Weissrussland vollstreckt als letzter Staat in Europa die Todesstrafe. Die EU und die USA haben wegen der Unterdrückung Andersdenkender Sanktionen gegen Weissrussland verhängt.

Traten bei der Präsidentenwahl 2010 noch neun Bewerber gegen Lukaschenko an, gilt diesmal die politische Newcomerin Tatjana Korotkewitsch als einzige wirkliche Kandidatin der Opposition. Mehrere Konkurrenten liess der Präsident erst aus dem Gefängnis, als die Anmeldefrist für die Abstimmung verstrichen war. Andere unabhängige Kandidaten wurden vom Geheimdienst KGB unter Druck gesetzt.

Transparenz – aber nur gegen aussen

Unterstützung geniesse Lukaschenko vor allem bei der ländlichen Bevölkerung, bei Beamten sowie bei Rentnern, von denen viele der Sowjetunion nachtrauerten, sagt SRF-Auslandredaktorin und Weissrussland-Kennerin Brigitte Zingg. Die Opposition dagegen wurde unter Lukaschenko stets unterdrückt. «Während all den Jahren hatte aus der Opposition nie jemand auch nur den Hauch einer Chance, Lukaschenko vom Präsidentensessel zu verdrängen», so Zingg.

Das Regime habe diesmal transparente Wahlen versprochen – und das Versprechen zumindest gegen aussen auch gehalten. So seien oppositionelle Kandidaten im Vorfeld der Wahlen in den Medien präsenter gewesen als in der Vergangenheit. «Vor allem wurden die Oppositionellen neutral oder sogar positiv bewertet – und das ist neu», so die Weissrussland-Kennerin. Trotzdem müsse man sich klar sein, dass Lukaschenko als einziger Zugriff auf die staatlichen Medienressourcen und damit am meisten Sendezeit gehabt habe.

An Russland gebunden

Trotz grosser Schwierigkeiten wegen der Wirtschaftskrise beim «grossen Bruder» Russland reite der Präsident derzeit auf einer Popularitätswelle bei den weissrussischen Bürgern, so Zingg. Grund sei der Ukraine-Konflikt: «In Minsk wird befürchtet, dass Moskau seine Expansionsgelüste auch auf Weissrussland ausdehnen könnte.» Dies wolle Lukaschenko verhindern.

Audio
Weissrussland: «Selbst die Opposition möchte keinen Machtwechsel»
aus SRF 4 News aktuell vom 09.10.2015. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 45 Sekunden.

Entsprechend grenze er sich nun von Russland ab, was bei den Weissrussen gut ankomme. Selbst ein Teil der Opposition untersütze ihn und finde, zurzeit dürfe es auf keinen Fall einen Machtwechsel geben, sonst könnte dem Land das gleiche Schicksal blühen wie der Ukraine. «Krieg will hier wirklich niemand», so Zingg.

Trotzem ist klar: Für Weissrussland unter Lukaschenko gibt es keine Alternative zur Partnerschaft mit Moskau. Zwar möchte er, dass weissrussische Unternehmen auch in Europa Fuss fassen können. Allerdings ist er von Russland abhängig: Nicht nur, was die Einfuhr von Erdöl und -gas angeht. Das Land ist auch Teil einer Zollunion, zu der neben Russland auch Kasachstan gehört. «Damit ist Weissrussland an diesen Wirtschaftsraum gebunden», stellt Zingg fest.

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