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International «Duterte fordert Polizisten zum Töten auf»

Seit Ende Juni ist auf den Philippinen der neue Präsident Rodrigo Duterte im Amt. Er hat den Krieg gegen Drogen zur Chefsache erklärt. Seither werden offenbar systematisch Verdächtige erschossen – mit dem Segen des Hardliners.

SRF News: Jeden Tag werden mehr als 35 Verdächtige erschossen. Widerspiegelt die Zahl die harte Drogenpolitik, die Duterte vor dem Amtsantritt versprochen hat?

Karin Wenger: Ja. Duterte hat allen, die töten wollen, einen Freipass gegeben. Er forderte die Polizei geradezu dazu auf, Drogenkriminelle zu töten. Im Juli rief er schliesslich alle Philippinos dazu auf, Drogenabhängige zu töten. Eltern könnten ihre Kinder ja nicht selbst töten, das sei zu schmerzhaft, lautete seine lapidare Erklärung. Die Ermunterungen zu aussergerichtlichen Tötungen zeigen Wirkung.

Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte hat allen, die töten wollen, einen Freipass gegeben.

Schiessen Polizisten eher als vor Dutertes Amtsantritt?

Karin Wenger

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Karin Wenger ist seit Frühling 2016 Südostasien-Korrespondentin von SRF in Bangkok. Sie berichtet über Indonesien, Malaysia, Philippinen, Thailand, Burma, Vietnam und weitere südostasiatische Länder. Wenger lebte zuvor sechs Jahre lang in der indischen Hauptstadt Neu Delhi. Früher berichtete sie als freie Journalistin aus dem Nahen Osten.

Ja, denn die Polizisten können nun davon ausgehen, dass sie dafür nicht bestraft werden. Der Polizeichef der Philippinen gab diese Woche in einer Anhörung vor dem Senat freimütig zu, die Polizei habe 756 verdächtige Drogenkriminelle getötet, weil sich diese der Festnahme widersetzt hätten. Die Verdächtigen hätten wohl unter dem Einfluss von Drogen gestanden, sagte er. Es handle sich um abnormale Menschen. Es scheint die Polizei also nicht zu kümmern, dass es sich bei den Getöteten lediglich um Verdächtige und nicht um Verurteilte handelt.

Zeitungen berichten, dass Dutertes Säuberungen die Ärmsten des Landes treffe. Stimmt das?

Danach sieht es zurzeit aus. Es gab Angehörige von Getöteten, die diese Woche vor dem Senat aussagten. Eine Frau erzählte, ihr Mann, ein kleiner Dealer, sei zusammen mit seinem Vater verhaftet und in der Polizeistation erschossen worden. So könnte es vielen ergangen sein. Duterte braucht schnelle Erfolge. Er muss Zahlen und Statistiken aufweisen. Das geht einfacher, wenn man kleine Fische fängt. 12‘000 Verdächtige liess er verhaften, aber keinen einzigen grossen Drogenbaron. Der Polizeichef sagte jedoch auch, dass rund 300 Polizisten verdächtigt werden, selbst in den Drogenhandel involviert zu sein. Das soll nun untersucht werden.

Gibt es auch kritische Stimmen, die sich gegen Dutertes Politik stellen?

Ja. Obwohl Duterte bereits zu Beginn seiner Amtszeit eine Warnung an alle gerichtet hatte, die sich seinem Kampf gegen die Drogen in den Weg stellen wollen. Er sagte, Politiker oder Menschenrechtler, die seine Kampagne zu blockieren versuchten, müssten damit rechnen, selbst getötet zu werden. Dennoch gibt es einige, die es wagen, zu hinterfragen. So hat die Senatorin Leila de Lima veranlasst, dass der oberste Polizeichef und weitere hochrangige Polizisten die extreme Zunahme an Tötungen vor dem Senat erklären müssen. Ein anderer Senator nannte diese Zahl «alarmierend, alle machen sich Sorgen über den Anstieg der Tötungen».

Politiker oder Menschenrechtler, die Dutertes Kampagne zu blockieren versuchen, müssen damit rechnen, selbst getötet zu werden.

Auch die USA und die UNO haben ihre Missbilligung ausgedrückt. Ob das Duterte wirklich beeindrucken und zu einer Umkehr seiner Politik bewegen wird, ist unklar. Kleine Anzeichen hierfür gab es letzte Woche, als er sagte, die vielen Tötungen würden untersucht. Er forderte die Polizisten zudem auf, erst zu schiessen, wenn sie wirklich in Lebensgefahr seien.

Audio
Dutertes Aufruf zur Selbstjustiz
aus SRF 4 News aktuell vom 24.08.2016.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 15 Sekunden.

Wann wird Duterte seine Drogenpolitik für erreicht erklären?

Duterte sagte bei seiner Antrittsrede, er werde erst aufhören, wenn der letzte Drogenbaron, der letzte Financier und der letzte Dealer aufgegeben haben, hinter Gitter oder unter der Erde sind. Er versprach in seinem Wahlkampf, dass er innerhalb von sechs Monaten mit Drogen, Kriminalität und Korruption im Land aufräumen werde. Zwei Monate sind seither vergangen – mit einer dramatischen Zahl von undurchsichtigen Tötungen durch die Polizei.

Das Gespräch führte Salvador Atasoy.

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