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International Geld für Südosteuropa: «China geht es um die eigenen Interessen»

10 Milliarden Dollar will China in Ost- und Südosteuropa investieren, vor allem in Infrastruktur. Chinas Regierungschef Li verhandelt darüber mit den 16 Regierungschefs der Region an einem Gipfeltreffen in der serbischen Hauptstadt Belgrad. Doch die Kreditspritze birgt Gefahren.

SRF: 10 Milliarden Dollar will China in Südosteuropa investieren. Wie wichtig ist das chinesische Geld für die Region?

Walter Müller

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Walter Müller war von 1995 bis 2001 Produzent beim «Echo der Zeit». Danach bis zu seiner Pensionierung 2015 Südosteuropa-Korrespondent auf dem Balkan. Seither berichtet Müller für Radio SRF als freier Mitarbeiter aus der serbischen Hauptstadt Belgrad.

Walter Müller: Es ist sehr wichtig. Denn gerade die Staaten des ehemaligen Jugoslawien leiden unter veralteter und schlechter Infrastruktur. Sie müssen neue Bahnlinien bauen, auch Autobahnen, Strassen und Brücken sind dringend notwendig. Zudem sollten viele Kraftwerke saniert oder gebaut werden. Der Nachholbedarf ist also riesig. Diese Staaten sind wie ein trockener Schwamm.

Können Sie ein Beispiel nennen, wo der Nachholbedarf am grössten ist?

Nehmen wir Mazedonien, das ganz im Süden an der Grenze zu Griechenland liegt. Das Land hat zwei Millionen Einwohner: Dort bauen chinesische Firmen im Südwesten des Landes eine Autobahn durch die Berge. Diese kostet 375 Millionen Euro. Das sei die grösste Investition in die Infrastruktur in den letzten 50 Jahren lobte Mazedoniens Ministerpräsident Gruevski. Er ist mehr als froh um die günstigen Kredite aus China. Mazedonien ist ein Land, das beispielsweise ein unterentwickeltes Schul- und Gesundheitswesen hat.

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Aber eben: Es sind Kredite, die zurückgezahlt werden müssen. Laufen die Länder in Südosteuropa nicht Gefahr, dass sie sich übernehmen und das Geld nicht zurückzahlen können?

Diese Gefahr besteht durchaus. Das kleine Montenegro an der Adriaküste zum Beispiel nimmt für eine überdimensionierte Autobahn einen chinesischen Kredit über 687 Millionen Euro auf. Das für einen Autobahnabschnitt von gerade mal 40 Kilometern. Die Opposition war dagegen, weil das Land das Geld für die Rückzahlung schlicht nicht habe. Und der Währungsfonds warnt, Montenegro überschulde sich mit diesem Kredit viel zu stark. Das hat aber alles nichts bewirkt. Ab nächstem Frühling wird gebaut. Die Regierung will das so.

Das Geld wird also angenommen und China verteilt es grosszügig. Worum geht es denn den Chinesen genau?

China geht es um die eigenen Interessen. Denn: China braucht seine Nahrungs- und Rohstoffsicherheit, der Verschleiss an Lebensmitteln und Rohstoffen ist dort enorm. Um aber an diese Güter heranzukommen, müssen die Transportwege zwischen China und Europa verbessert und schneller gemacht werden. Gleichzeitig können so auch chinesische Waren günstig auf den europäischen Markt gebracht werden.

Audio
China investiert in Süd- und Osteuropa
aus SRF 4 News aktuell vom 17.12.2014.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 35 Sekunden.

Die Wasser- und Landrouten müssen also ausgebaut werden. In diesem Zusammenhang spricht man von einer neuen Seidenstrasse. Für dieses Monstervorhaben stellt die chinesische Regierung deshalb einen Rahmenkredit von 10 Milliarden US-Dollar oder Schweizer Franken zur Verfügung. Aber wohlgemerkt: Es sind rückzahlbare Kredite, allerdings mit einem günstigen Zins von zwei bis zweieinhalb Prozent und einer Dauer von 20 bis 25 Jahren.

Bisher galt ja Russland als starker Partner in der Region, insbesondere für Serbien. Russland ist nun aber im Konflikt mit der EU wegen der Sanktionen und seine Wirtschaft schwächelt. Ist China nun der neue Hoffnungsträger der Region?

Vielleicht nicht gerade der Hoffnungsträger und vor allem nicht für alle. Aber alle Regierungen in Südosteuropa wollen von der günstigen Gelegenheit profitieren und an den chinesischen Geldtopf herankommen. Am meisten profitiert hat bisher Serbien. China investierte dort bisher rund zwei Milliarden Euro, vor allem in Brücken und Autobahnen. Aber auch die Landwirtschaft soll noch dazukommen.

Gerade Serbien setzt nun grosse Hoffnungen in China, vor allem auch weil Serbien von Russland kürzlich schwer enttäuscht wurde. Knall auf Fall hat Russland das South-Stream-Projekt eingestellt, Serbien verliert damit Millionen. Deshalb ist das Treffen der 16 Staatschefs mit dem chinesischen Ministerpräsidenten auch gut für das angeschlagene Selbstbewusstsein Serbiens. Die Regierung von Ministerpräsident Vucic verspricht sich von diesem Anlass natürlich auch einen Prestigegewinn auf dem internationalen Parkett, aber auch beim Heimpublikum.

Das Gespräch führte Christoph Kellenberger.

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