Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hat kurz vor den schwierigen Verhandlungen mit den Euro-Staaten die Rückendeckung des Athener Parlamentes bekommen. Der linke Politiker erhielt bei einer Vertrauensabstimmung 162 von 300 Stimmen.
In dem Votum ging es um seinen Plan, aus dem internationalen Hilfsprogramm auszusteigen. Stattdessen will die Regierung einen weiteren Schuldenerlass erreichen. Die Finanzminister der Euro-Zone kommen am heutigen Mittwoch zu einem Sondertreffen in Brüssel zusammen.
Bisher gibt es kaum Anzeichen, dass eine Brückenlösung für die kommenden Monate gefunden werden kann. Trotzdem zeigt sich Tsipras zuversichtlich, dass sich Griechenland mit den Euro-Partnern einigen werde. Eine Vereinbarung dürfe aber keine neuen Darlehen und keine Sparauflagen beinhalten, betonte er.
Griechen decken Konfrontationskurs
Für seinen Kurs hat der Politiker der linkspopulistischen Syriza-Partei auch die Bevölkerung hinter sich. Einer Umfrage zufolge unterstützen 75 Prozent seine Verhandlungsposition. Viele Griechen lehnen die Spar- und Reformpolitik ab, auf die sich das Land als Gegenleistung für Milliardenkredite der Euro-Staaten und des Internationalen Währungsfonds (IWF) verpflichtet hatte.
Das Hilfsprogramm läuft Ende Februar aus. Faktisch hat es Tsipras aber schon aufgekündigt, weil er die Gläubiger-Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und IWF ablehnt. Wird nicht schnell eine Vereinbarung erzielt, droht erneut eine Staatspleite.
Bisher befinden sich die Beteiligten jedoch auf einen Konfrontationskurs. Zwar relativierte kürzlich die griechische Seite: «Wir wollen keine Konfrontation. Wir tun alles, um sie zu verhindern», sagte etwa Finanzminister Yanis Varoufakis im Parlament. Wenn man die Konfrontation aber nicht in Betracht ziehe, verhandle man auch nicht.
China oder Russland als «Plan B»
Sollten die Gespräche über eine neue Schuldenvereinbarung mit der Euro-Zone scheitern, könnte Griechenland nach Worten von Verteidigungsminister Panos Kammenos auch Hilfe von Russland oder China erwägen. «Wir wollen eine Einigung», sagte der nationalistische Politiker, dessen Partei «Unabhängige Griechen» eine Koalition mit Tsipras' Syriza gebildet hat.
«Aber wenn es keine Einigung gibt... und wir feststellen, dass Deutschland starr bleibt und Europa sprengen will, haben wir die Pflicht, zu Plan B überzugehen», sagte Kammenos im Fernsehen. Dann müsse man andere Geldquellen auftun. Im besten Falle wären dies die USA. Infrage kämen aber auch Russland, China oder andere Staaten.
Kann ein einzelner EU-Staat wie Griechenland grosse europäische Gemeinschaftsprojekte zu Fall bringen?
In der Theorie | Auf dem Papier ist das den Regeln zufolge möglich. In Angelegenheiten, die Mitgliedstaaten als sensibel betrachten, ist bei Abstimmungen in den zuständigen EU-Ministerräten Einstimmigkeit erforderlich. Dies gilt beispielsweise für Entscheidungen im Bereich der gemeinsamen Aussen- und Sicherheitspolitik, der EU-Finanzen oder der EU-Erweiterungspolitik. Theoretisch kann Griechenland damit neue Sanktionen gegen Russland verhindern, Verhandlungen in Haushaltsfragen scheitern lassen oder sogar die Aufnahme eines neuen EU-Beitrittskandidaten verhindern. Ähnliche Abstimmungsregeln gelten für die EU-Gipfel, bei denen die Staats- und Regierungschefs die allgemeinen politischen Zielvorstellungen und Prioritäten der EU festlegen. |
In der Praxis | In der Praxis haben die Regeln allerdings nur eingeschränkt Bedeutung. Gerade kleine und wirtschaftlich schwache EU-Staaten sind schlecht beraten, sich wiederholt offen gegen die Mehrheit zu stellen. In der Regel werden sie dann deutlich darauf hingewiesen, wie sehr sie von ihrer Mitgliedschaft in der EU profitieren. Rechnerisch erhielt jeder Grieche 2012 beispielsweise 409 Euro von der EU. Das Land zählt damit zu den grössten Nettoempfängern. |