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International Jeremy Corbyn: der Robin Hood aus Islington

Die britische Labour-Partei wählt einen neuen Vorsitzenden. Der aussichtsreichste Kandidat heisst Jeremy Corbyn. Ein Vorzeige-Sozialist und Querulant, dem man vieles, nur keine Parteiführung zugetraut hätte.

Ed Milliband ist nach einer missglückten Wahl im Mai als Parteipräsident zurückgetreten. Seine Nachfolge soll ein Mann antreten, der bislang für die Partei die Hinterbänke wetzte: Jeremy Corbyn.

Wer ist dieser mutmassliche neue Chef der Opposition ihrer Majestät? Sechs Fragen und sechs Antworten.

Müsste mir der Name Corbyn geläufig sein?

Keineswegs. Obwohl der inzwischen 66-Jährige seit 32 Jahren den Londoner Wahlkreis Islington im Unterhaus vertritt. Der junge Corbyn war ein Gefolgsmann des charismatischen Links-Abweichlers Tony Benn, blieb aber stets auf den Hinterbänken der Labour-Fraktion.

Gelegentlich huschte er durch die Schlagzeilen, wenn er Begegnungen mit der nordirischen Sinn Féin, mit Hamas oder Hizbollah organisierte. Corbyn war ein lautstarker Gegner des britischen Engagements im Irak-Krieg.

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SRF-Korrespondent Martin Alith über Corbyns Wahlchancen
aus SRF 4 News aktuell vom 11.09.2015.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 42 Sekunden.

Warum ist er überhaupt Kandidat?

Das kam eigentlich nur durch einen Zufall zustande – und dies in letzter Minute. Die Mitglieder der Labour-Fraktion nominieren. Corbyn erhielt die nötige Stimmenzahl, weil einige Abgeordnete der Meinung waren, Corbyns Beteiligung werde den politischen Horizont erweitern. Aber niemand gab ihm anfänglich die geringste Chance: Buchmacher verkauften Wetten zu 200 zu 1.

Warum hat sich das geändert?

Aus zwei Gründen: Erstens verkündet Corbyn eine echte Alternative zur geltenden Haltung Labours. Er wettert gegen die Sparpolitik, will die Eisenbahnen verstaatlichen, Steuern für die Reichen erhöhen und das Militärbudget kürzen. Zudem geht er auf Distanz zur Nato und zur EU.

Zweitens hat Corbyn das neue Wahlsystem geschickt für seine Zwecke ausgenutzt. Neue Parteimitglieder, Angehörige von befreundeten Gewerkschaften und Bürgerinnen, die drei Pfund für ein Stimmrecht bezahlten, haben die Wahlberechtigten auf nahezu 600'000 verdreifacht.

Wer sagt denn, er sei der Favorit?

Eine adjustierte Meinungsumfrage der Firma YouGov gibt Corbyn den Sieg schon im ersten Wahlgang. Aber mit derart vielen neuen Wahlberechtigten steht diese Prognose auf wackligen Füssen. Die politische Logik spricht trotzdem dafür, nicht zuletzt, weil die Gegenkandidaten Liz Kendall, Yvette Cooper und Andy Burnham reichlich blass sind und kaum die Ursache für den Zustrom neuer Mitglieder sein dürften.

Audio
Der Kampf um die Seele von Labour
aus Echo der Zeit vom 23.07.2015. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 4 Sekunden.

Was heisst das für die Labour-Partei?

Das hängt davon ab, wen man fragt. Bisherige Parteigrössen wie Tony Blair, Gordon Brown, Peter Mandelson etc. haben lautstark den Weltuntergang beschworen, falls Corbyn den Vorsitz übernehme.

Die Unterhausfraktion steht mehrheitlich nicht hinter Corbyn. Das Argument der Zentristen ist einfach: Corbyn sei ein Amateur und Utopist, der zwar die idealistische Jugend zu begeistern vermöge, aber niemals mehrheitsfähig sein werde. Corbyns Anhänger halten dem entgegen, dass Labour seit den Neunzigerjahren vom linken Pfad abgerückt sei und nun endlich wieder an etwas glaube.

Wann wissen wir mehr?

Am Samstag zwischen Mitternacht und 01 Uhr Schweizer Zeit wird das Ergebnis formell verkündet. SRF News hält Sie auf dem Laufenden.

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