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Zwei schwer bewaffnete, maskierte Männer.
Legende: IS-Kämpfer an einem von den Kurden eroberten Checkpoint. Die Terroristen rücken im Nordirak weiter vor. Reuters
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International «Luftschläge allein werden die IS-Kämpfer nicht aufhalten»

US-Präsident Obama gibt seine Zurückhaltung auf und gibt grünes Licht für gezielte Luftschläge gegen IS-Dschihadisten im Nordirak. Dies allein wird den Vormarsch der Terroristen aber nicht stoppen, sagt Marco Overhaus von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin.

SRF: Wie ist Obamas Schritt zu erklären?

Marco Overhaus: Die US-Regierung spürt den stärker werdenden Druck. Die Sorge ist gross, dass man die Kontrolle über den Irak völlig verlieren könnte. Wenn die Kurdengebiete an den Islamischen Staat (IS, früher Isis Anm. d. Red.) fallen würde, könnte am Schluss der ganze Irak an die Terrorgruppe verloren gehen.

Die USA haben sich ja weitgehend aus dem Irak zurückgezogen. Ist dies nun ein Wendepunkt in der amerikanischen Irakpolitik?

Nein. Es ist eher eine Fortsetzung eines schleichenden, neuen sicherheitspolitisch-militärischen Engagements der USA im Irak. Die Amerikaner haben ihr Engagement in den letzten Wochen ja bereits schrittweise ausgeweitet. Sie haben die Zahl der Militärbeobachter erhöht, sowie die Waffenlieferungen und den geheimdienstlichen Austausch intensiviert.

Ist in diesem schleichenden Prozess eine eigentliche Irak-Strategie erkennbar?

Das ist genau das Problem; dahinter steckt keine Strategie. Dies zeigt sich etwa darin, dass Obama die Luftschläge mit zwei unterschiedlichen Begründungen autorisiert hat: Einerseits mit dem Schutz von US-Bürgern und -Einrichtungen im autonomen Kurdengebiet und andererseits mit der Verhinderung einer humanitären Katastrophe. Das sind sehr unterschiedliche Ziele. Es fehlt die Konsistenz.

Hätten denn die US-Republikaner eine alternative Irak-Strategie?

Die Republikaner bemühen sich vor allem darum, Obama innenpolitisch unter Druck zu setzen. Sie werfen ihm eine schwache und unentschlossene Sicherheitspolitik vor. Einige von ihnen fordern seit längerem Luftangriffe auf die IS-Terroristen. Aber auch sie schrecken davor zurück, dass die USA im Irak erneut in einen Bodenkrieg verwickelt werden könnten. Ausser Kritik an Obama haben also auch die Republikaner keine bessere Strategie zu bieten.

Können denn amerikanische Luftangriffe den Vormarsch der IS-Kämpfer stoppen?

Audio
«Die USA schaffen es nicht länger, die Probleme im Irak alleine zu lösen»
aus SRF 4 News aktuell vom 08.08.2014.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 58 Sekunden.

Nein, das können sie nicht. Die Luftschläge werden weder die IS-Kämpfer aufhalten, noch eine humanitäre Katastrophe verhindern, falls es dazu kommt. Es führt kaum ein Weg daran vorbei, stärker mit Spezialkräften am Boden die irakische Armee und kurdische Kämpfer zu unterstützen. Wichtig ist dabei, dass dies durch neue Bemühungen um multinationale Diplomatie flankiert wird. Man muss versuchen, mit den Nachbarn Iraks internationalen Druck aufzubauen, damit in Bagdad endlich eine legitimere Regierung gebildet wird.

Die Lage im Nahen Osten ist derzeit sehr instabil. Was sind unter diesen Vorzeichen denn die Risiken von US-Luftschlägen?

Die USA könnten sich übernehmen. Ihre Mittel könnten bald nicht mehr ausreichen, die verschiedenen Krisenherde zu bewältigen. Deswegen ist eine neue diplomatische Initiative notwendig, die alle Akteure – also auch die Golfstaaten und den Iran – mit einbindet. Bisher hat Washington zu sehr versucht, allein mit der Krise im Irak fertig zu werden. Das ist aber nicht länger möglich.

Marco Overhaus

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Marco Overhaus

Der promovierte Politologe Marco Overhaus ist Mitglied der Forschungsgruppe Amerika bei der Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin.

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