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International «Russland kann die Ukraine völlig kaputt machen»

Russland muss mit weiteren Sanktionen rechnen – wegen der faktischen Annektierung der ukrainischen Halbinsel Krim. US-Präsident Obama und Kanzlerin Merkel kündigen weitere Sanktionen an. Russland-Experte Alexander Rahr sagt gegenüber SRF: «Sanktionen können nur wenig ausrichten.»

SRF: Ist die Lage der Krim nach der Einverleibung durch Russland umkehrbar?

Alexander Rahr

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Legende: zvg

Alexander Rahr ist deutscher Osteuropa-Historiker, Politologe und Publizist und lebt in Berlin. Er ist Autor mehrerer Bücher über den russischen Präsidenten Wladimir Putin und gilt als einer der namhaftesten Russland-Experten.

Alexander Rahr: Nachdem die Entscheidung gefallen ist, die Krim Teil Russlands werden zu lassen, ist der Zug abgefahren. Wir können die Russen weder militärisch noch politisch zwingen, die Krim wieder an die Ukraine abzugeben. Aber man kann sich durchaus vorstellen, dass man in der Krim irgendwann einmal vielleicht eine russisch-ukrainische Wirtschaftszone bilden kann. Das sind Aussagen, die ich aus ukrainischer wie russischer Quelle gehört habe.

Es wäre töricht, wenn Russland Ukrainer brutal enteignen würden. Damit würde das Verhältnis zur Ukraine noch nachhaltiger gestört werden.

Die Krim ist kein einzelnes Kapitel, sondern gehört zu einem Geschichtsband. Die Ukraine ist in einer furchtbar schwierigen Situation. Wir können hoffen, dass die Ukraine jetzt durch die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU ihre Hausaufgaben machen und wieder ein starker Staat wird – mit einer funktionierenden Wirtschaft.

Gleichzeitig ist ein anderes Szenario möglich: Die Ukraine zerfällt. Das Zwischenszenario wäre eine Föderation, in der die Ukraine aufgehen könnte. Vielleicht ergibt sich ja die Möglichkeit in einem solchen föderativen Staat, dass auch die Krim eine bestimmte Rolle spielen könnte.

Sie plädieren dafür, dass alle an einen Tisch sitzen, und dass Russland miteinbezogen wird. Wie sinnvoll ist vor diesem Hintergrund eigentlich der Gedanke an Sanktionen?

Audio
Gespräch mit Russland-Experte Alexander Rahr
aus SRF 4 News aktuell vom 19.03.2014.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 14 Sekunden.

Russland muss ein Signal vom Westen bekommen, dass der Westen mir der Politik Russlands absolut nicht einverstanden ist. Gewisse Sanktionen symbolischer Art sind notwendig. Es ist auch ein wichtiges Signal an Nachahmer in und ausserhalb Europas, die vielleicht dasselbe machen wollen. Europa ist da schon in der Verpflichtung, etwas zu tun und eine Antwort zu finden.

Wie stark wird Putin auf solchen Druck reagieren? Würde er emotional reagieren, oder eher pragmatisch?

Wie Putin darauf reagieren wird, ist sehr schwer zu sagen. Sanktionen können hier nur wenig ausrichten. Russland ist der grösste Flächenstaat der Welt, hat alle Ressourcen, nicht nur Öl, Gas und Kohle, sondern auch seltene Erden, Mineralien, die wir alle für unsere Industrie brauchen.

Viele im Westen glauben, man treffe mit Sanktionen zunächst mal die russische Bevölkerung. Diese könnte dann auch mit Wut darauf reagieren, dass ihr komfortables Leben gefährdet sein könnte. Folglich könnten sie gegen Putin protestieren und demonstrieren und ihn vielleicht sogar stürzen. Aber ich würde nicht darauf setzen.

Ich glaube eher, dass die Russen anfangen, historisch zu denken: ‹Auch Napoleon haben wir geschlagen, obwohl wir Moskau verbrannt haben. Hitler haben wir geschlagen, obwohl wir fast schon Moskau aufgeben mussten. Die Schweden und Polen haben wir besiegt – schon Jahrhunderte zuvor.›

Diese Mentalität wird hochkommen. Man wird eher das Volk in die Arme Putins treiben. Und deshalb muss man bei den Sanktionen, die man durchführt, immer Mass halten. Ich denke auch, dass Russland immer die Möglichkeit hat, uns sehr weh zu tun. Russland kann unsere Wirtschaft zwar nicht direkt bedrohen. Aber Russland kann die Ukraine völlig kaputt machen.

Das Gespräch mit Alexander Rahr führte Casper Selg.

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