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International «Trump wird immer noch unterschätzt»

Was viele für unmöglich hielten, ist nun Tatsache. Der vermeintliche Politclown Donald Trump hat die erste Hürde auf dem Weg ins Weisse Haus geschafft. Trotzdem wird er immer noch nicht ernst genommen. Zu unrecht, wie USA-Kenner Hansrudolf Kamer warnt.

Hansrudolf Kamer

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Ehemals Korrespondent in Stockholm, Jerusalem, Moskau und Washington sowie Auslandchef und stellvertretender Chefredaktor der NZZ.

SRF News: Alle haben sich geirrt, auch die Polit-Experten: Gegen den Willen seiner eigenen Parteielite ist Trump nominiert. Wie hat er das geschafft?

Hansrudolf Kamer: Trump hat das mit einer Kombination von intelligenter Wahlkampftechnik und politischen Inhalten geschafft. Er hat die Medienlandschaft richtig gelesen und die politische Landschaft richtig interpretiert.

Trump hat in den Vorwahlen so viele Stimmen geholt wie kein Republikaner vor ihm. Er selber spricht von einer Bewegung. Sind die Gründe für den Erfolg nicht auch bei der Partei zu suchen?

Ja, die Parteibasis der Republikaner – und auch der Demokraten – hat sich verändert. Im Gegensatz zur Parteispitze ist es Trump gelungen, neue Wählerschichten zu erschliessen: Bei den Primärwahlen haben neben Republikanern auch viele Unabhängige und Demokraten für ihn gestimmt. Die Tea-Party-Protestbewegung war eine Art Ankündigung für das, was nun passiert. Bei den Demokraten widerspiegelte sich diese Entwicklung und Rebellion gegen die Parteielite im Phänomen Bernie Sanders. Es handelt sich also um eine Kombination von neuen Wählern und einem Aufstand der Parteibasis gegen die Elite.

Audio
Hören Sie hier das ganze Gespräch mit Hansrudolf Kamer
aus SRF 4 News aktuell vom 20.07.2016.
abspielen. Laufzeit 7 Minuten 25 Sekunden.

Wer nominiert wird, entscheidet sich in den Vorwahlen. Der Parteitag ist nur noch eine Show. Inwiefern konnte Trump von dieser extremen Gewichtung der Vorwahlen profitieren?

Früher waren die Primärwahlen nicht entscheidend. Es gab die Amtsträger der Partei auf den verschiedenen Ebenen der Einzelstaaten. Diese setzten sich zusammen und jassten den Kandidaten sozusagen untereinander aus. Es gab keinen Automatismus, wonach derjenige, der die meisten Stimmen in den Vorwahlen macht, auch der Nominierte für den Endkampf wird. Trump hat nun durch die Erschliessung einer neuen Wählerschaft einfach am meisten Stimmen gemacht und wurde dank des heute geltenden Automatismus Kandidat der Republikaner.

Trump wurde mehrfach der Lüge überführt, seine Ideen muten teils fantastisch an, seine Auftritte sind Selbstbeweihräucherung. Trotzdem ist er von Erfolg zu Erfolg geeilt. Hat er auch die Regeln des US-Wahlkampfs ausgehebelt?

Bis zu einem gewissen Grad schon. Seine extremen Äusserungen – Bau einer Mauer zur Grenze Mexikos, Unterbindung von Einwanderung aus muslimischen Ländern –, die er später etwas korrigierte, gaben ihm viel Aufmerksamkeit. Er hat die Medien gezwungen, sich ihm zu widmen und die haben das brav getan. Trump musste somit viel weniger Geld für Eigenwerbung ausgeben. Er hat damit die Regeln ausgehebelt und das Wahlkampfniveau war dementsprechend tief.

Trumps Gegner haben ihn lange Zeit unterschätzt. Man hat das Gefühl, er werde selbst jetzt noch nicht ernst genommen. Sehen Sie das auch so?

Ja, Trump wird immer noch unterschätzt, allerdings nicht mehr so stark, wie zu Beginn des Wahlkampfes. Man neigt aber immer noch dazu zu denken, dass Hillary Clinton neue US-Präsidentin wird. So einfach ist das aber nicht mehr. Die Meinungsumfragen sind eng, der Abstand zwischen Trump und Clinton ist klein. Die republikanische Parteifront gibt sich vorerst geschlossen. Wie lange das anhält, wird sich zeigen.

Das Gespräch führte Susanne Schmugge.

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