Eigentlich haben beide Grund zum Feiern – und dennoch ist ihnen nicht nur zum Feiern zumute. Ansgar Gmür ist Direktor des Schweizerischen Hauseigentümerverbandes. Er sagt: «Wir sind im Moment glücklich. Aber wenn ich in die Zukunft sehe, habe ich mehr als Sorgenfalten.»
Sorgen bereitet dem Hauseigentümerverband, dass der Mieterverband mehr staatliche Eingriffe verlangt. Ähnlich skeptisch klingt Michael Töngi, Generalsekretär des Schweizerischen Mieterverbandes: «Selbst ein ganz kleiner Schritt wie die Formularpflicht, also dass der Vermieter sagen muss, wieviel der Vormieter bezahlt hat, das ist schon ein Riesenkampf. Und schon daran sehen wir, dass es sehr schwierig ist, Verbesserungen auf nationaler Ebene zu erreichen.»
Die steigenden Mieten Hauptproblem
Die Formularpflicht ist ein aktueller Streitpunkt, in dem sich der Mieterverband durchsetzen konnte: Der Bundesrat hat sich für die Einführung ausgesprochen. Sonst weht dem Mieterverband politisch oft eine steife Brise entgegen: Vergeblich kämpfte er etwa für eine Verbesserung des Kündigungsschutzes oder für eine Abkoppelung der Mieten vom Hypothekarzins.
Ungelöst sei auch das Problem, dass Wohnungen nach einer Renovation oft viel teurer würden, sagt Töngi weiter: «Wir kennen Fälle, da geht die Miete um 50 Prozent hoch. Und das sind massive Aufschläge, wo wir versuchen, eine Bremse einzubauen, die heute faktisch in der Gesetzgebung fehlt.»
Zwar seien 90 Prozent der Mieter zufrieden mit ihrer Situation. Aber wer eine Wohnung suche, leide unter den steigenden Preisen – vor allem für die schlechter Gestellten ein grosses Problem: «Es ist halt nicht so, dass alle Haushalte 10‘000 Franken verdienen. Es gibt Haushalte, die haben 3500, 4000 Franken zur Verfügung. Und für die ist es momentan sehr schwierig. Und auf sie müssen wir auch ein besonderes Gewicht in der Politik legen.»
Vorstösse des Mieterverbandes bekämpfen
Hier treffen verschiedene Weltanschauungen aufeinander: Der Mieterverband mit 215'000 Mitgliedern ist eine linke, kämpferische Organisation, die sich für mehr Umverteilung und für die Schwachen einsetzt.
Der Hauseigentümerverband mit 330'000 Mitgliedern dagegen ist klar bürgerlich und wehrt sich gegen staatliche Eingriffe. Gmür blickt wenig optimistisch in die Zukunft: «Die staatlichen Massnahmen, die jetzt ergriffen werden, kommen dann zum falschen Zeitpunkt. Das war meistens so und ist dann für alle Beteiligten furchtbar schlecht.»
Das Ziel des Hauseigentümerverbandes ist es, alle Vorstösse des Mieterverbandes zu bekämpfen. Selber wollen sich die Hauseigentümer vor allem für weniger Gesetze und Eingriffe stark machen: «Wir möchten viel mehr zur Marktmiete vermieten. In der Raumplanung möchten wir, dass das Baurecht liberalisiert wird. Dass man im Energiebereich überlegt, was das kostet, und dass das letztlich alle bezahlen. Die Menschen sollten flexibler werden und nicht sagen, oh, das ist ja schlimm, jetzt muss ich noch fortziehen.»
Der flexible Mieter und der freie Markt, das sind Schlagworte der Hauseigentümer. Obwohl knapp 60 Prozent der Bevölkerung Mieterinnen und Mieter sind, setzen sich politisch häufig die Anliegen der Eigentümer durch – nur mit den beiden Bauspar-Initiativen erlitt der Verband in den letzten Jahren bittere Niederlagen.
Gemeinsames Feiern kommt nicht in Frage
Mieter oder Eigentümer, das ist ein so klares Entweder-Oder, dass die Mieter- und Eigentümer-Vertreter eigentlich nie auf der gleichen Seite stehen.
Dennoch respektieren Gmür und Töngi die Arbeit des jeweils anderen Verbandes: «Den Hauseigentümerverband empfinde ich als einen sehr starken Verband in der Schweiz, aber auch seine Bäume wachsen nicht ganz in den Himmel», sagt Töngi.
«Ich habe manchmal das Gefühl, das sind eher Bonsai-Bäume (lacht)», entgegnet Gmür. «Wir empfinden den Mieterverband natürlich als extrem stark und wir müssen da extrem kämpfen.»
Die Fronten zwischen den beiden Verbänden sind verhärtet – sie wollen auch nicht zusammen feiern: So ist der Hauseigentümerverband heute auch nicht an das Jubiläumsfest des Mieterverbandes in Biel eingeladen.