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Aargau Solothurn Eritrea-Reise: Susanne Hochulis Stich ins Wespennest

Was eine private Reise hätte sein sollen durch ein afrikanisches Land mit einem grossen Flüchtlngsproblem, wird zu einer politischen Angelegenheit: Die Aargauer Asyldirektorin Susanne Hochuli muss sich gegen Kritik verteidigen, Kritik von der linken Seite, vor allem von der SP.

Die Fakten zur Eritrea-Reise

  • Die Initiative dazu kam von Susanne Hochuli
  • Teilnehmer sind Susanne Hochuli (Grüne, Regierungsrätin), Yvonne Feri (SP, Nationalrätin), Thomas Aeschi (SVP, Nationalrat), Christian Wasserfallen (FDP, Nationalrat), Claude Béglé (CVP, Nationalrat)
  • Organisator der Reise ist Toni Locher, Arzt aus Wettingen und Honorarkonsul für Eritrea in der Schweiz
  • Programm: Besichtigung von Hilfsprojekten, Gespräche mit Regierungsvertretern und Nichtregierungsorganisationen
  • Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer bezahlen die Reise selber

Regierungsrätin Susanne Hochuli (Grüne), «Sonntagszeitung» (7.2.2016)

«Nach einer intensiven Woche steht für mich fest: Eritrea ist nicht das erwartete Nordkorea Afrikas. Meine Tochter und ich bewegen uns frei und ohne Honorarkonsul Locher im Nacken. Wir reden mit allen, die wir per Zufall in Asmara zu jeder Tages- und Nachtzeit kennen lernen.

Wir fragen alles, was wir wissen möchten. Wir merken aber auch schnell, dass nicht alle über alles mit uns reden wollen. (...) Schnell wird es für unsere Gegenüber unangenehm, wenn wir nach den Gefängnissen und politischer Opposition fragen. ‹Auch die Wände haben Ohren›, sagt uns einer.»

Ständerätin Pascal Bruderer (SP), Interview in «Schweiz am Sonntag» (7.2.2016)

«Auch ich wurde angefragt, an der Reise teilzunehmen. Als ich aber mehr Informationen zum Setting und zum Programm erhielt, entschied ich mich bewusst dagegen, weil diese Reise in meinen Augen kaum dazu führen kann, ein unverfälschtes Bild der Situation zu erhalten. Ausserdem konnte ich aufgrund meiner Informationen nicht ausschliessen, dass eine solche halbprivate Reise sogar die Vorbereitungen für die nächste Facts-Finding-Mission erschwert. Nicht umsonst werden diese Missionen von Spezialisten durchgeführt, die das Land sehr gut kennen und die Möglichkeit haben, auch unabhängige Personen zu treffen.

Das Regime ist bekanntlich international geächtet wegen seiner diktatorischen Vorgehensweise. Natürlich sind da Besuche von Politikerinnen und Politikern anderer Länder willkommen, mit denen man sich offiziell treffen und fotografieren lassen kann. Die Botschaft solcher Bilder ist klar – auch gegenüber der eigenen Bevölkerung in Eritrea: Seht her, wir sind international akzeptiert und vernetzt. Gespräche im Rahmen der Reisevorbereitung haben mir gezeigt, dass sich eine solche Instrumentalisierung kaum verhindern lässt. Dazu wollte ich nicht Hand bieten.»

Verschiedene Stimmen, Artikel von Henri Habegger und Fabienne Riklin, «Schweiz am Sonntag», (7.2.2016)

«Lassen sich die Schweizer instrumentalisieren? Nein, sagt Yvonne Feri: ‹Ich werde mit einem ersten Eindruck von Land und Leuten zurückkommen. Weder die Menschenrechtslage kann dann beurteilt werden noch die Regierungstätigkeit, weder die Armut noch die Beweggründe der Leute für die Flucht.› Christian Wasserfallen betont: ‹Ich bin Realist genug, um zu wissen, dass wir nur zu sehen bekommen, was die Regierung uns zeigen will. Doch auch wenn wir nur an der Oberfläche kratzen können, werden wir trotzdem einen Eindruck erhalten, und darum geht es mir.›

Claude Béglé sagt, als Ex-IKRK-Mitarbeiter und Nestlé-Mann in Nigeria kenne er sich mit autokratischen Regierungen aus: ‹Ich weiss, worauf ich das Augenmerk legen muss, auch wenn uns die Regierungsvertreter nur selektiv Informationen geben werden.› Insistieren will Béglé vor allem, um ein Gefängnis oder ein Militärlager zu besuchen. Solche Besuche werden aber nicht möglich sein, sagt Locher.

Thomas Aeschi sagt: ‹Das Land hat in den letzten Jahren Fortschritte gemacht. Aber es ist immer noch im Kriegsmodus aufgrund der Grenzkonflikte mit Äthiopien, es hat den Schritt zum zivilen Modus noch nicht geschafft.› Er räumt ein, dass es seit Jahrzehnten keine Wahlen gab in Eritrea. ‹Aber glauben Sie, das sei in Ländern wie Ruanda oder Äthiopien besser? Diese Staaten verkaufen sich bloss besser und haben teilweise eine Pseudodemokratie.›

Nationalrat Carlo Sommaruga (SP) Mitglied der aussenpolitischen Kommission, Artikel von Michèle Binswanger, «Tages-Anzeiger», (8.2.2016)

«In der ‹SonntagsZeitung› berichtete Hochuli, sie habe in Eritrea ‹keine eritreische, sondern eine westliche Lügengeschichte gesehen›. Das Land sei nicht das afrikanische Nordkorea, im Westen werde ein falsches Bild vermittelt. Diese Aussagen kritisiert SP-Nationalrat Carlo Sommaruga scharf. Hochulis Äusserung, in Eritrea herrschten keine nordkoreanischen Verhältnisse, seien ‹peinlich›. ‹Dass sie sich nach einer Woche im Land und begleitet von der Behörde ein Urteil über die Zustände in Eritrea erlaubt, ist skandalös.› Hochuli weist die Vorwürfe zurück und betont, die Reisegruppe habe sich frei bewegen können: ‹Ich wurde kein einziges Mal von der Behörde oder vom Honorarkonsul begleitet, wenn ich mit Leuten gesprochen habe. Daher korrigiere ich das Bild vom Nordkorea Afrikas. Mehr habe ich zu den Umständen im Land nicht gesagt.›

Als Mitglied der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats weiss Sommaruga aus eigener Erfahrung, dass private Reisen von Parlamentariern heikel sein können, vor zwei Jahren stand er deswegen selbst in der Kritik. Er habe im Unterschied zu Hochuli aber immer gewusst, was er mache. Deren Äusserungen seien naiv, denn sie lägen genau auf der Linie der eritreischen Behörden. Und der SVP. ‹Die Partei wird das sicher innenpolitisch benutzen.› Eritrea ist das wichtigste Herkunftsland von Asylsuchenden in der Schweiz. Nach ihrer Rückkehr will die Reisegruppe gemeinsam Stellung nehmen und Forderungen stellen.

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