SRF News: Lukas Golder, man hat nach dem Wahlsonntag in Solothurn den Eindruck, die Stimmbürger wählen gerne Neue und Junge, sie wollen eine Veränderung in der Politik. Stimmt das?
Lukas Golder: In Olten gibt es sicher den Wunsch nach Veränderung. Die Stadt hat grosse Herausforderungen zu meistern, gerade auch finanzpolitisch. Man weiss, dass die bestehenden verschiedenen Lager das Heu nicht immer auf der gleichen Bühne haben. Ein solcher Änderungswunsch ist immer typisch für eine Phase des Umbruchs, wo auch Krisen im Raum stehen.
Weshalb vertrauen die Stimmbürger in einer Phase des Umbruchs einer Bewegung, die selber noch nicht genau weiss, was sie will, also ob sie links steht oder rechts. Ist das ein Misstrauen gegenüber den altbewährten Parteien?
Ja. Sobald man merkt, dass die alten Rezepte nicht mehr greifen, ist der Wunsch gross, aus den alten Links-Rechts-Muster auszubrechen. Die Bewegung «En Marche!» von Macron in Frankreich ist genau auch ein solches Phänomen, wo sich die Menschen einen komplett neuen Weg zwischen Links und Rechts wünschen. Solche Phänomene gab es schon früher, beispielsweise in den 90er Jahren in der Schweiz mit der Sozial-Liberalen-Bewegung.
Welche Chancen räumen sie «Olten jetzt!» ein? Die Bewegung muss sich nun ja bewähren...
Bei den Bewegungen ist es meistens so, dass sie plötzlich in den alten Mustern landen und auf die praktisch gleichen Rezepte zurückgreifen wie die bewährten Parteien. Dann haben sie ein Imageproblem. Oder sie haben vor allem in den Strukturen die Herausforderung, dass eine motivierte Erstgeneration viel bewegen möchte. Das Etablieren einer Bewegung in Richtung einer Partei ist dann aber extrem schwierig, mühsam und aufwändig. Das sieht man beispielsweise bei der AfD in Deutschland: die Partei beginnt sich bereits zu spalten in «Fundis» und «Realos». In dieser Knatsch-Phase haben Bewebungen oft grossen Aufwind, und dann im Etablieren grosse Mühe.
Die Jungen seien politisch nicht interessiert, heisst es häufig. Stimmt das vielleicht gar nicht, wenn nun die jungen Wilden in Olten so erfolgreich sind?
Da wäre ich vorsichtig. Wenn man die Generation Y – also die 18- bis 25-jährigen – ansieht, dann würde ich sagen, dass nur ein sehr kleiner Anteil aktiv ist. Kann sein, dass heute die ganz Jungen, also 16- oder 17-jährige, wieder etwas anders ticken. Aber grundsätzlich ist so, dass die Generation Y nicht sehr politisch ist. Dennoch haben die letzten Monate etwas verändert. Man merkt, dass das Politische eben sehr relevant ist und dass ein «Like» auf Facebook alleine nichts bringt, um politisch etwas zu bewegen, sondern dass man sich am besten einer Bewegung oder Partei anschliesst. Dort kann man etwas bewirken und verändern.
(Das Gespräch führte Marco Jaggi.)