Rund fünf Wochen vor der Abstimmung liegt das Ja-Lager mit 53 Prozent zwölf Prozentpunkte im Vorsprung. Damit dürfen die Befürworter der Preiserhöhung einen Startvorteil verbuchen. Dieser sei allerdings alles andere als gesichert, betont das Forschungsinstitut gfs.bern in seinem Bericht. Denn die Abweichung zum absoluten Mehr von 50 Prozent liegt innerhalb des Stichprobenfehlers. Daher kann nicht von einer massgeblichen Vorentscheidung gesprochen werden kann.
Die Vorlage wird nur auf die Preiserhöhung für die Autobahnvignette reduziert. Bei der Änderung des Nationalstrassenabgabegesetzes geht es aber auch um 400 Kilometer kantonaler Strassen, die in die Kompetenz des Bundes übergehen sollen. Dies wird kaum wahrgenommen, geschweige denn in den Medien thematisiert. Zudem sei diese Vorlage nicht eine Debatte um die allgemeine Verkehrspolitik und um die Kosten des Verkehrs, wie Claude Longchamp, Leiter gfs.bern, betont.
Je mehr Autos, desto mehr Ablehnung
Bei dieser Vorlage kann ein eindeutiger Zusammenhang mit der Betroffenheit gezogen werden. So wird in Haushalten ohne Personenwagen mit einem Anteil von 96 Prozent zugestimmt. Hier sagen sich die Stimmenden offenbar mehrheitlich: «Mich betrifft es ja nicht.»
Die Ja-Anteile nehmen kontinuierlich ab, je mehr Autos verfügbar sind. Es werde somit von der grössten Gruppe, die mit einem einzigen Auto, abhängen, erklärt Longchamp. Hinzu kommt der Einfluss des Haushaltseinkommens. So gilt generell: Je tiefer dieses ist, desto eher ist man gegen die Vorlage.
FDP-Wähler entscheiden
Eine weitere wichtige Polarisierung findet entlang der Parteibindung statt. Auch hier kann eine Faustregel aufgestellt werden, wie gfs.bern schreibt: Je linker, desto befürwortender. Den höchsten Zustimmungswert zeigt die Erhebung bei den Grünen. Und dies trotz der Nein-Parole der Delegierten, wie Longchamp betont. An zweiter Stelle im Lager der Befürworter figurieren die SP-Sympathisanten. Mehrheitlich zustimmend zeigen sich auch die CVP-Anhänger.
Klar gegen die Preiserhöhung sind die Anhänger der SVP, welche auch das Referendum zur Gesetzesänderung ergriffen hat. Somit entscheiden die Wähler der FDP, welche sich vorerst noch keine Meinung gebildet haben.
Ein Röstigraben wird befürchtet
Der dritte relevante Konflikt ergibt sich bei den Sprachregionen. Die Deutschschweiz zeigt sich mehrheitlich für die Erhöhung der Autobahnvignette. Im Gegensatz dazu steht die lateinische Schweiz. Der Ja-Anteil in der welschen Schweiz (48 Prozent) und in der italienischen Schweiz (47 Prozent) ist immer noch respektabel hoch.
Das Zünglein an der Waage werden aber die Unentschlossenen spielen. Diese sind mit 12 Prozent bei der französischsprachigen und mit 10 Prozent bei der italienischsprachigen Schweiz immer noch relativ hoch. In der Deutschschweiz hingegen sind nur 4 Prozent unentschlossen.
In der Untersuchung über die Argumente stellt gfs.bern zwei mehrheitsfähige Botschaften beim Ja-Lager fest: Die Autobahnbenützung im Ausland ist meist teurer und der Vignettenpreis wurde seit 1995 nicht erhöht. Das dritte Argument, Autofahren sei zu billig, kommt bei den Stimmenden nicht an.
Die Gegnerschaft hat eine mehrheitsfähige Botschaft. Diese betrifft die generelle Unzufriedenheit mit Gebühren und Abgaben. Die Botschaft, die Schiene werde durch die Strasse quersubventioniert ist nicht mehrheitsfähig. Nicht nur, aber auch wegen dieser mageren Pro-Argumente, sieht gfs.bern das Ja-Lager leicht vorn.