Die Volksinitiative «Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV» verlangt eine Steuer von 20 Prozent auf Erbschaften und Schenkungen. Die Steuereinnahmen wären für die AHV und die Kantone vorgesehen. Bei einer Annahme der Initiative würde die Steuer rückwirkend ab dem 1. Januar 2012 gelten. Das führte bereits Ende 2011 dazu, dass viele Familien vorausschauend grosse Teile ihres Vermögens vorzeitig auf ihre Erben übertragen haben.
Knappe Mehrheit ist dagegen
Sechs Wochen vor der Abstimmung äussert sich aber eine knappe Mehrheit von 51 Prozent der Teilnahmewilligen gegen die Vorlage. Das zeigt die erste SRG-Trendumfrage, die das Forschungsinstitut gfs.bern Ende April durchgeführt hat. Nur 38 Prozent der Befragen sind bestimmt oder eher dafür und noch 11 Prozent sind bei der Erbschaftssteuer-Initiative unentschlossen. Die Initianten starten so mit einem leichten Nachteil in den anstehenden Abstimmungskampf.
Die Erbschaftssteuer polarisiert zwischen linkem und bürgerlichem Lager. Lanciert aus den Reihen der SP und Grünen befürworten die Reform denn auch Befragte mit Bindungen zu diesen Parteien mit 77 Prozent (Grüne) und 71 Prozent (SP). Alle anderen Wählersegmente zeigen sich deutlich ablehnend. Selbst Parteiungebundene sind mit 53 Prozent bestimmt oder eher dagegen.
Bei den künftigen Erben und Erblassern unterscheiden sich die Meinungen nach Altersgruppen nicht grundlegend; alle äussern sich mehrheitlich ablehnend. Die Ablehnung ist aber stärker bei zunehmendem Alter. Pensionierte sind zu 58 Prozent dagegen, bei den unter 40 Jährigen sind es noch 43 Prozent.
Drei starke Contra-Argumente
Die ablehnende Haltung der Befragten fusst auf drei starken Argumenten im Abstimmungskampf. Diese werden denn auch durchgehend mit absoluten Mehrheiten unterstützt.
Es seien sehr starke Argumente, die im Abstimmungskampf überzeugen, sagt Politologin Martina Imfeld vom Institut gfs.bern: «Die Contra-Seite hat drei Punkte, wo sie die Vorlage wirklich angreifen kann. Der wichtigste Punkt ist, man fürchte Schäden für kleine oder Familienunternehmen wenn sie an die nächste Generation übergehen. Das zweitwichtigste, das die Rechtssicherheit untergraben wird, weil sie rückwirkend bis 2012 ihre Wirkung entfaltet.»
Weitere Vorlagen
Dies wiegt umso schwerer, weil die finanziellen Auswirkungen gravierend sein können. Vor allem die Belastung und damit die existenzielle Bedrohung von Familienunternehmen wird als sehr stichhaltiges Argument mit 61 Prozent gestützt.
Auch der Freibetrag von zwei Millionen Franken kann das Argument nicht schwächen, ebenso wenig wie die Aussage der Befürworter, dass 99 Prozent aller KMU von der Initiative nicht betroffen wären.
Zudem sehen 59 Prozent der Befragten eine Erbschaftssteuer auf eidgenössischer Ebene als massiven Eingriff in die Steuerhoheit der Kantone.
«Gerechte Steuer» wird zum Bumerang
Das stärkste Pro-Argument der Initianten ist laut Imfeld der progressive Charakter, der in dieser Steuer angelegt ist. «Bis zu zwei Millionen Franken ist ein Freibetrag. Erst danach wird man besteuert. Das finden Stimmberechtigte gut, dass Vermögende mehr belastet werden, während weniger Vermögende entlastet werden.»
Aber das Argument, dass eine Erbschaftssteuer die gerechteste Steuer sei, weil Erbschaften Einkommen ohne eigene Leistung darstellen, wirke nicht, sagt Imfeld:
«Die Mehrheit der Befragten sieht das überhaupt nicht so, im Gegenteil. Es gelang der Gegnerschaft, das Argument zu besetzen, so dass es zu einem Bumerang für die Initianten geworden ist.»
Am besten akzeptiert ist noch das Argument einer stärkeren Besteuerung von Vermögenden, was 50 Prozent befürworten. Aber nur noch 45 Prozent stützen das Argument, dass damit Zusatzeinnahmen für die AHV realisiert werden können.
Ein Ja nur im besten aller Fälle
Die Erbschaftssteuer-Initiative startet mit einer 51-prozentigen Nein-Mehrheit in den Abstimmungskampf. «Das verheisst für die Initiativen in der Regel nichts Gutes», schätzt Imfeld. Denn mit dem zeitlichen Verlauf im Abstimmungskampf verschiebe sich der Fokus weg vom Problem hin zur Lösung. «Das Nein baut sich auf, das Ja geht in der Regel zurück. Im besten Fall kann es sich halten.»