34 Jahre nach der Bildung des Kantons Jura kommt am 24. November erneut die Frage aufs Tapet, ob ein neuer Kanton entstehen soll. Der heutige Kanton Jura und der Berner Jura sollen zusammen den neuen Kanton bilden. Jurassier und Bernjurassier äussern sich in separaten Abstimmungen.
Für die Berntreuen im südlichen Teil der Region ist die Jurafrage seit den Jura-Plebisziten von 1974/75 geregelt. Damals sprachen sich die Bezirke Moutier, Courtelary und La Neuveville für den Verbleib im Kanton Bern aus. Die Bezirke Delémont, Franches-Montagnes und Porrentruy bildeten 1979 den neuen Kanton.
Nicht geregelt ist die Jurafrage hingegen für die jurassischen Behörden im neuen Kanton und für die Autonomisten im Süden. Sie haben die Situation auch nach 1979 stets als unbefriedigend empfunden. Nur mit einem vereinten Jura werde die Region eine institutionelle Zukunft haben, glauben sie.
Die jurassische Regierung legt den Fokus auf das zusätzliche politische und wirtschaftliche Gewicht. Dieses erhielte ihrer Ansicht nach der Berner Jura, wenn er den Kanton Bern verliesse. Für die Berner Kantonsregierung würde eine Abkehr des Berner Juras zu einer Phase der Unsicherheit führen und die Institutionen schwächen.
Schrittweises Vorgehen
Am Abstimmungssonntag geht es vorerst um die Frage, ob die Kantone ein Verfahren zur Gründung des neuen Kantons einleiten sollen. Im Kanton Jura wird über eine Änderung der Kantonsverfassung abgestimmt. Im Kanton Bern wird eine regionale Konsultativabstimmung durchgeführt.
Fällt das Ergebnis einer der beiden Abstimmungen negativ aus, wird die Gründung eines neuen Kantons fallen gelassen. Sollten beide Seiten einer Fusion zustimmen, werden die beiden Kantonsregierungen eine interkantonale Vereinbarung verfassen. Diese soll das weitere Verfahren beschreiben, insbesondere die Wahl eines Verfassungsrats.
Worum geht es?
Im Kanton Jura geht es um einen Verfassungsartikel
Im Kanton Jura entscheiden 50'500 Stimmberechtigte über den neuen Artikel 139 der Kantonsverfassung: «Die Regierung ist ermächtigt, ein Verfahren einzuleiten mit dem Ziel, einen neuen Kanton zu gründen, welcher die Gebiete des Berner Juras und von Republik und Kanton Jura umfasst, unter Beachtung des Bundesrechts und des Rechts der betroffenen Kantone.»
So lautet die Frage im Berner Jura
In den 49 Gemeinden, die den Verwaltungskreis Berner Jura bilden, stimmen insgesamt 36'000 Stimmberechtigte über folgende Konsultativ-Frage ab: «Wollen Sie, dass der Regierungsrat unter Beachtung des Bundesrechts und der beiden betroffenen Kantone ein Verfahren zur Gründung eines neuen, aus dem Berner Jura und dem Kanton Jura bestehenden Kantons einleitet?»
Gemeindeklausel
Falls die Stimmberechtigten im Berner Jura sich für den Verbleib beim Kanton Bern aussprechen, hält eine von den beiden Kantonen unterzeichnete Absichtserklärung für die Gemeinden ein Hintertürchen offen: In einem zweiten Schritt können jene Gemeinden, die dies wünschen, über ihre Zugehörigkeit zu einem der beiden Kantone entscheiden. So könnte beispielsweise die separatistische Gemeinde Moutier (BE) ihren Anschluss an den Kanton Jura beschliessen.
Niemand zweifelt daran, dass im Kanton Jura ein Ja zur Bildung eines neuen Kantons resultiert. Die Befürworter versuchen die Unentschlossenen mit dem Argument zu überzeugen, dass eine Zustimmung mit Blick auf das darauf folgende Verfahren nichts Definitives habe. Man könne durchaus ein Ja im Sinn eines «Schauen-wir-mal» in die Urne legen, um die Debatte erst richtig zu lancieren.
Bilinguisme in Gefahr?
Im Kanton Bern ist immer wieder zu hören, dass die Zweisprachigkeit des Kantons Bern akut gefährdet wäre, falls sich der Berner Jura nach der regionalen Abstimmung von Ende November tatsächlich einmal abspalten würde.
Nur noch die Stadt Biel/Bienne und die Gemeinde Evilard/Leubringen oberhalb von Biel blieben nämlich im Kanton Bern als offiziell zweisprachige Gemeinden übrig. Dies sind etwa 25'000 Französischsprachige – rund 2,5 Prozent der Kantonsbevölkerung.
Sechs Millionen Franken lässt sich der Kanton Bern derzeit die Zweisprachigkeit seiner Verwaltung kosten. Wenn sich der Berner Jura abspalten sollte, wäre es schwierig, eine zweisprachige Kantonsverwaltung aufrechtzuerhalten. Das führen auch die Gegner in Feld.