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Schweiz Das Ende der kantonalen Tiefsteuerpolitik?

Jahrelang haben sich die Kantone Zug, Schwyz, Nidwalden und Obwalden bei den Steuersätzen unterboten, um Reiche und Unternehmen anzulocken. Inzwischen sind ihre Budgets defizitär, Steuererhöhungen sind kein Tabu mehr. Ist die Tiefsteuerpolitik gescheitert?

Schwyz galt als Vorzeigekanton schlechthin: Als ein Stand, der sich vom armen Bauernkanton zur prosperierenden Steueroase mausert. Doch inzwischen ist die Waage längst nicht mehr im Gleichgewicht. Die Ausgabenseite drückt immer stärker nach unten. Steuer-Einnahmen stagnieren oder gehen gar zurück.

Rechtsbürgerliche Mehrheit im Parlament

Seit Jahren fährt der Kanton nun Defizite ein und schnürt ein Sparpaket nach dem anderen. Inzwischen hat kaum ein anderer Kanton eine schlankere Verwaltung. Trotzdem verlangt die rechtsbürgerliche Mehrheit nach immer weiteren Diätkuren. Die linke Minderheit im Kantonsparlament geisselt genau so vehement die bürgerliche Tiefsteuerpolitik.

«Zuerst produziert man Einnahmeausfälle, um dann lautstark über leere Kassen zu jammern», klagte SP-Vertreterin Karin Schwitter schon im Dezember 2012 im Kantonsparlament. Eifrig mache man sich dann daran, Leistungen zu kürzen, Fachstellen zu schliessen und die Verwaltung auszupressen. «Gleichzeitig setzt man sich als grossartiger Sparer und Sanierer der Staatsfinanzen in Szene.»

Finanzkraft des Kantons gestiegen

Die Unternehmenssteuern wurden halbiert sowie Dividenden und Vermögen deutlich tiefer besteuert. Das zog finanzkräftige Leute an, die sich im Kanton ansiedelten. Dadurch stieg die Finanzkraft des Kantons, was wiederum dazu führte, dass Schwyz deutlich höhere Beiträge in den nationalen Finanzausgleich, NFA, einzahlen musste.

FDP und SVP jedoch hielten auch 2012 am Tiefsteuerkurs fest. Steuererhöhungen seien strategisch ein ganz gefährliches Signal, sagte SVP-Politiker René Bünter damals. Es sei wie im Sport: Wer am längsten durchhalte, gewinne. «Wir haben jetzt einen Wettbewerb unter den Kantonen!», schloss er sein Votum.

«Der Staatshaushalt muss aufgehen»

Der Wettbewerb trieb Schwyz immer tiefer in die roten Zahlen. «Wir haben die Steuern derart stark gesenkt, dass man den grossen Zulauf an Steuersubstrat nur zu einem kleinen Teil erfassen konnten» analysierte CVP-Vertreter Bruno Beeler die missliche Lage. Das Loch in den Kantonsfinanzen habe man selber zu verantworten.

Jetzt ist die Kasse leer, das Eigenkapital von einer halben Milliarde Franken aufgebraucht. Nach 2015 erhöht Schwyz die Steuern auch im nächsten Jahr noch einmal für alle.

An eine Steuererhöhung denkt neuerdings auch der Nachbarkanton Zug. In jenem Kanton, der den tiefen Steuerfuss beinahe in Stein gemeisselt hat, spricht Finanzdirektor Peter Hegglin plötzlich von Pragmatismus: «Am Schluss muss der Staatshaushalt aufgehen». In den Schweizer Steueroasen hat der Wind gedreht.

Wirkung des nationalen Finanzausgleichs unterschätzt

Trotzdem glaubt Christoph Schaltegger nicht, dass die Tiefsteuerpolitik von Zug und Schwyz gescheitert ist. Er ist Professor für politische Ökonomie an der Universität Luzern. Bislang sei das Modell der tiefen Unternehmenssteuern im internationalen Wettbewerb grundsätzlich eine attraktive Strategie gewesen, so Schaltegger. «Das hat zu einer massiven Erhöhung des Steuersubstrats, zu einer Zuwanderung und zu einer Erhöhung der gut bezahlten Arbeitsplätze geführt.»

Audio
Die Innerschweizer Kantone haben den NFA unterschätzt
aus Echo der Zeit vom 30.09.2015.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 47 Sekunden.

Das Problem dieser Kantone aber sei: «Sie haben die Wirkung des nationalen Finanzausgleichs unterschätzt». Die Geberkantone Zug und Schwyz klagen seit Jahren über immer höhere Beiträge und immer weniger Geld in der eigenen Kasse. Dass sich die Unterschiede in den Kantonen angleichen, ist allerdings gerade das Ziel des NFA.

Ausgebremster Steuerwettbewerb

Tiefsteuerkantone müssten nun ihre Steuerpolitik so überarbeiten, dass ihre Rechnungen wieder aufgehen, fährt Schaltegger fort. Dazu müssten die Kantone die Margen auf den verschiedenen Steuerkategorien und -quellen berechnen und den jeweiligen Steuersatz so definieren, dass auch die Einzahlung in den NFA mit einberechnet sei.

Das werde zu einem Harmonierungsdruck führen, ist der Ökonomie-Professor überzeugt. Der Steuerwettbewerb hingegen werde weiter existieren – wenn auch nicht mehr so ausgeprägt wie in der Vergangenheit.

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