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Jetzt spricht der Whistleblower
Aus Rundschau vom 09.05.2018.
abspielen. Laufzeit 16 Minuten 13 Sekunden.
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Engadiner Baukartell Whistleblower Adam Quadroni wehrt sich mit Strafanzeigen

  • Der Whistleblower Adam Quadroni spricht erstmals vor der Kamera über das Engadiner Baukartell und seine Folgen.
  • Der 48-Jährige hat das Engadiner Baukartell auffliegen lassen und selber alles verloren.
  • Jetzt reicht er Strafanzeige gegen die Verantwortlichen der Kantonspolizei Graubünden und den BDP-Regierungsrat Jon Domenic Parolini ein.
  • Eine ausserkantonale Staatsanwaltschaft soll wegen Amtsmissbrauch, Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung im Zusammenhang mit zwei Polizeiinterventionen ermitteln.

Am 15. Juni 2017 wird Adam Quadroni nach eigenen Angaben von der Sondereinheit der Kantonspolizei Graubünden mit Nebelpetarden- und Gummischroteinsatz im stehenden Auto festgenommen.

Sie haben mich geschlagen und mich an Haaren und Kleidern aus dem Auto gerissen.
Autor: Adam Quadroni Whistleblower

In der Sendung «Rundschau» schildert Adam Quadroni erstmals vor einer Kamera diesen Polizeieinsatz: «Sie haben mich geschlagen und mich an Haaren und Kleidern aus dem Auto gerissen.» Die vermummten Polizisten hätten ihn zu Boden gedrückt, zehn Minuten auf ihm gekniet. Quadroni trägt nach eigenen Angaben blutige Lippen, Schürfungen, Blutergüsse davon.

Keine Polizeiakten

In Handschellen und mit verbundenen Augen – wie ein Schwerverbrecher, erzählt Quadroni – wird er zuerst zum Polizeiposten Scuol gefahren, muss sich nackt ausziehen, wird vom beigezogenen Amtsarzt untersucht. Ihm wird vorgehalten, es liege eine Gefährdungsmeldung wegen häuslicher Gewalt, Eigen- und Fremdgefährdung vor. Quadroni bestreitet diese Vorwürfe. Polizeiliche Akten wurden ihm bis heute nicht gezeigt.

Für den Polizeirecht-Experten und ehemaligen Kommandanten der Kantonspolizei Basel-Stadt ist ein solches Vorgehen wie bei einem Schwerkriminellen – sechs Tage nach einem Ehestreit – äusserst fraglich. Man hätte vorher klären müssen, sagt Dr. Markus H.F. Mohler, ob Quadroni wirklich gefährlich sei:

«Damit stellt sich die Frage, warum man dies eigentlich nicht so organisiert hat, dass hier nicht einfach zwei oder drei Polizisten Herrn Quadroni angehalten, mit ihm gesprochen und ihm gesagt hätten, man müsse genauer überprüfen, was los ist aufgrund dieser Gefährdungsmeldung.»

Unverhältnismässiger Polizei-Einsatz

Quadroni wird danach vom Polizeiposten Scuol nach Chur überführt. Zwei Stunden dauert der polizeiliche Transport. Quadroni wird erneut in Handschellen und mit verdeckten Augen in die psychiatrische Klinik eingewiesen. Obwohl er nie aggressiv war. Die Klinikärzte stellen auch keine Suizidgefahr fest.

Polizeirecht-Experte Mohler kritisiert die Verhältnismässigkeit dieses Polizeieinsatzes: «Ich sehe nicht ein, weshalb man jemanden, der bisher nicht schwer gewalttätig aufgefallen ist, mit diesen Methoden zuerst festnimmt und dann über längere Zeit in Handschellen und mit verbundenen Augen durch den ganzen Kanton fährt in die psychiatrische Klinik. Da scheint mir das Verhältnismässigkeitsprinzip doch sehr, sehr, stark in Frage gestellt.»

Damit nicht genug: Auf Wunsch der KESB (Kinder- und Erwachsenschutz-Behörde) muss Adam Quadroni für vier Tage in der psychiatrischen Klinik bleiben. Begründet wird diese Dauer des Aufenthaltes mutmasslich damit, dass die Frau mit den gemeinsamen Kindern in dieser Zeit aus dem Haus ausziehen könne.

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Quadroni: Über seine Kinder
Aus News-Clip vom 09.05.2018.
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In der Strafanzeige von Adam Quadroni, die der «Rundschau» vorliegt, verlangt er nun, dass die Untersuchung von einer ausserkantonalen Staatsanwaltschaft geführt werden muss. Ein Antrag, den auch Polizeirecht-Experte Mohler für angezeigt erachtet: «Dieses Strafverfahren und auch die Ermittlungen sollten von ausserkantonalen Leuten durchgeführt werden, sodass von vornherein keinerlei Ängste wegen Befangenheit aufkommen können. Auch polizeiliche Ermittlungen im Auftrag der Staatsanwaltschaft sollten von ausserkantonalen Polizeikräften übernommen werden.»

Strafanzeige gegen BDP-Regierungsrat Parolini

Nicht nur gegen die Verantwortlichen der Kantonspolizei Graubünden geht Adam Quadroni nun strafrechtlich vor. Auch gegen den ehemaligen Gemeindepräsidenten von Scuol, Jon Domenic Parolini, reichte Quadroni heute Strafanzeige ein. Dem heutigen BDP-Regierungsrat wirft Quadronis Anwalt vor, er habe in einem Interview in der RTR-Sendung Cuntrasts ehrverletzende Äusserungen gemacht und eine Amtsgeheimnisverletzung begangen.

In der Sendung vom letzten Sonntag sagte Jon Domenic Parolini, sie hätten noch andere Probleme und Gespräche mit der Person (Anm. d. Red.: gemeint ist Adam Quadroni) und hätten auch grosse Diskussionen über die Glaubwürdigkeit dieser Person gehabt.

Adam Quadroni informierte 2009 den Scuoler Gemeindepräsident Jon Domenic Parolini und das Tiefbauamt des Kantons Graubünden über das Baukartell – mit Dokumenten, die belegen, dass sieben Engadiner Bauunternehmungen unerlaubte Preisabsprachen bei Bauvergaben getroffen hatten. Die Weko hat die Bauunternehmungen inzwischen mit 7,5 Millionen Franken gebüsst.

Bauunternehmer Adam Quadroni hat hinterher alles verloren. Ausgegrenzt und ohne Bauaufträge ging seine Baufirma 2013 in Konkurs. Eheprobleme kamen dazu. Heute leben seine Kinder bei seiner Frau, die ihn verlassen hat. Und trotzdem gibt Quadroni nicht auf. Im Interview sagt Quadroni, er würde wieder gleich handeln.

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Adam Quadroni über Aufrichtigkeit
Aus News-Clip vom 09.05.2018.
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Alt Bundesrichter Giusep Nay unterstützt den Whistleblower. In der «Rundschau» fordert Nay nun ein Umdenken: «Eine Wiedergutmachung – eine volle – ist nicht möglich, aber die wenigste Wiedergutmachung und Genugtuung für ihn wäre, wenn man tatsächlich einsieht, dass ihm Unrecht geschehen ist und, dass man falsch gehandelt hat und deswegen das Bedauern ihm gegenüber ausdrückt, dass man das, was ihm passiert ist, nicht verhindert hat.»

In einer Internet-Plattform kamen in einer Crowdfounding-Aktion innerhalb von sechs Tagen über 82'000 Franken zusammen. Mit dem Geld soll Adam Quadroni Rechtshilfe finanziert werden.

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