Verteidigungsminister Guy Parmelin hatte das Projekt Bodluv 2020 (bodengestützte Luftverteidigung 2020) im März vorübergehend eingestellt. Der Grund: Es sollte zuerst ein Konzept für die gesamte Luftverteidigung erarbeitet werden.
In den Medien tauchten dann aber Protokolle der Projektgruppe Bodluv 2020 auf. Diese belegten, dass die beiden evaluierten Raketensysteme die Anforderungen nicht erfüllten. Die Projektgruppe wollte sie trotzdem kaufen.
Hierauf ordnete Parmelin eine Administrativuntersuchung an. Als Leiter setzte er Kurt Grüter ein, einen ehemaligen Direktor der Eidgenössischen Finanzkontrolle. Grüter hatte zu klären, ob es beim Beschaffungsprojekt Defizite in den Strukturen, Abläufen oder Kontrollen gegeben hatte.
«Es darf spekuliert werden»
Heute stellte Grüter in Bern seinen Abschlussbericht vor. Das Projekt sei von der Projektleitung und vom Generalunternehmen Thales Suisse weisungskonform bearbeitet worden, lautet sein Fazit. Nichts desto trotz sei die Sistierung des Projekts politisch nachvollziehbar.
Nicht die Projektführung, sondern Indiskretionen hätten das Projekt zum Absturz gebracht, hielt Grüter in seinen Schlussfolgerungen fest. «Es darf spekuliert werden, was die Gründe für diese Indiskretionen sind.» Er frage sich, ob ein Grund die fehlende Kommunikation gewesen sein könnte.
Valable aber optimierbare Systeme
Gemäss vertraulichen Papieren, die an die Medien gelangten und die auch der Nachrichtenagentur sda vorliegen, erfüllten die beiden evaluierten Raketen die Voraussetzungen nicht. Die deutsche IRIS-T erwies sich als nicht allwettertauglich, und die britische CAMM-ER hat eine zu geringe Reichweite.
Gemäss dem Prüfbericht des Rüstungsunternehmens Thales Suisse, das die Beschaffung vorbereitet hatte, hatte jedoch keines der beiden Systeme ein so genanntes «No Go». Gemäss Grüter sprach das Unternehmen im Prüfbericht von Leistungseinschränkungen.
Verbesserungspotenzial ortete Grüter bei der Kommunikation nach innen und nach aussen. Der Armee und auch Armasuisse sei es nicht gelungen, die Politik und die Öffentlichkeit von dem Projekt zu überzeugen, hielt er im Bericht fest.
Er empfiehlt deshalb, die mutmasslichen Endkosten aufzuzeigen, wenn ein modulares System beschafft werden soll. Unterschiedliche Kostenschätzungen mit verschiedenen Systemleistungen, wie sie im Bericht ausgeleuchtet sind, seien zu vermeiden. Auch brauche es regelmässige Standberichte zu Meilensteinen, Chancen, Risiken und mutmasslichen Endkosten.
Vertrag mit Thales Suisse gekündigt
Die heutige bodengestützte Fliegerabwehr der Schweizer Armee besteht aus dem leichten Fliegerabwehrlenkwaffensystem Stinger, dem mobilen Fliegerabwehrlenkwaffensystem Rapier und dem mittleren Fliegerabwehrkanonensystem 35-mm M Flab.
Den Vertrag mit Thales Suisse, die das sistierte Beschaffungsprojekt vorbereitet hatte, hat das Verteidigungsdepartement im Frühjahr aufgelöst. Die Kündigung sei nicht aufgrund mangelhafter oder ungenügender Leistung erfolgt, hiess es damals in einer Mitteilung.
Parmelin fühlt sich bestätigt
Verteidigungsminister Guy Parmelin fühlt sich durch das Ergebnis der Untersuchungskommission bestätigt. Im Zuge der Umsetzung des Budlov-Projektes hätte es «viele offene Fragen» gegeben. Eine davon sei die Frage nach den Kosten gewesen. Begonnen habe es mit 500 Millionen Franken, danach seien es 700 Millionen für zwei Teilsysteme geworden, und schliesslich habe man von 1,1 Milliarden Franken gesprochen. Der Stopp des Bodluv-Projektes hätte den Bund, so Parmelin, etwa 19 Millionen Franken gekostet. Den genauen Betrag könne er aus dem Kopf allerdings nicht angeben. Der Verteidigungsminister betonte, dass das Budlov vorläufig sistiert bleibe. Zunächst gelte es, eine Gesamtschau über die Luftverteidigung abzuwarten. Ein Aspekt sei dabei die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge. Ein Konzept für die gesamte Luftverteidigung sei aber in Arbeit. Es gehe unter anderem um die Frage, wieviele Kampfjets und wieviele Raketen nötig seien. |