Die Atomaufsichtsbehörde Ensi hat neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu Erdbeben in der Schweiz ausgewertet und daraus Schlüsse für die Sicherheit der Atomkraftwerke gezogen. Sie betreffen jeden einzelnen AKW-Standort: Beznau, Leibstadt, Gösgen und Mühleberg.
Auch das AKW Mühleberg, das 2019 stillgelegt werden soll, muss den Nachweis erbringen. Denn Mühleberg bleibe auch nach der Einstellung des Leistungsbetriebs noch über Jahre eine Kernanlage mit einem Gefährdungspotenzial.
In drei Schritten müssen die Betreiber der Atomkraftwerke nun bis 2020 den Nachweis erbringen, dass ihre Anlagen sicher sind. Man lege grossen Wert darauf, dass die umfangreichen Erdbebennachweise der AKW-Betreiber regelmässig aktualisiert würden, sagte Ensi-Direktor Hans Wanner.
«Die Gefährdungsannahmen sind wesentlich höher als sie es beim Bau der Anlagen waren. Aber weil die Ingenieure sehr viel Margen einbauen, ist es trotzdem möglich, dass die Anlagen den neuen Gefährdungsannahmen standhalten», so Wanner. Viel habe man schon nachgerüstet, sagt der Ensi-Direktor.
Zum Beispiel wurden in Gösgen Elektroschränke besser verankert. Im AKW Beznau hat man in eine erdbebensichere Notstromversorgung investiert.
Die Experten streiten seit Jahren darüber, wie hoch die Erdbebengefährdung tatsächlich ist. Nun hat das Ensi zusammen mit dem Schweizerischen Erdbebendienst Gefährdungspotentiale für die einzelnen Standorte berechnet.
Ensi teilweise nicht einverstanden
Nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima 2011 seien in den Schweizer AKW bereits umfangreiche Nachrüstungen zur Verbesserung der Erdbebensicherheit vorgenommen worden. In einem Zwischenbericht hatten die AKW-Betreiber 2012 laut Ensi nachweisen können, dass ihre Anlagen ein Erdbeben, wie es sich einmal in 10'000 Jahren ereignen kann, beherrschen.
An der bisherigen Studie der AKW-Betreiber zur Erbebensicherheit, die 2013 dem Ensi eingereicht wurde, bemängelte dieses das Teilprojekt zu den seismischen Quellen. Die nicht akzeptierten Angaben ersetzte das Ensi deshalb durch Daten und Modelle des Schweizerischen Erdbebendienstes.
Bis Mitte 2019 müssen sie die probalistische Sicherheitsanalyse aktualisieren. Damit soll das Risiko von Störfallen, welche die Auslegungen überschreiten, bestimmt werden. Schliesslich müssen die Betreiber bis Herbst 2020 nachweisen, auch ein 1000-jährliches Erdbeben mit einer Dosislimite von einem Millisievert zu beherrschen.
Auch das AKW Mühleberg, das 2019 stillgelegt werden soll, muss den Nachweis erbringen. Mühleberg bleibe nach der Einstellung des Leistungsbetriebs noch über Jahre eine Kernanlage mit einem Gefährdungspotential, hiess es. Die Nachweise nach der Stilllegung würden sich auf jene Systeme beschränken, die im Nachbetrieb noch benötigt würden.
Greenpeace spricht von Verzögerungstaktik
Die Schweizer Atomkraftwerke seien stärker durch Erdbeben gefährdet als nach Fukushima behauptet, schreibt Greenpeace Schweiz. Trotz dieser Erkenntnis komme die Atomaufsichtsbehörde Ensi den AKW-Betreibern entgegen, so dass diese Nachrüstungen auf die lange Bank schieben könnten. «Bis 2020 erhalten die AKW-Betreiber Zeit, um bloss die Sicherheitsnachweise zu erbringen. Bis dann die Werke tatsächlich nachgerüstet wären, würden wohl noch einmal etwa fünf Jahre ins Land ziehen», schreibt die Umweltorganisation. Greenpeace Schweiz fordert ein zügigeres Vorgehen. |