Die National- und Ständeräte müssen an der diesjährigen Frühjahrs-Session einen langen Atem beweisen. Besonders in den ersten beiden Wochen geht es vor allem darum, eine stattliche Reihe von Vorstössen zu bearbeiten und Differenzen zwischen den beiden Kammern zu bereinigen.
1. Woche: Wird die Energiestrategie weiter verwässert?
Höchst umstritten ist gleich zu Beginn das Bundesgesetz über die Ladenöffnungszeiten, wonach Detailhandelsbetriebe wochentags von 6 bis 20 Uhr und samstags von 6 bis 19 Uhr geöffnet sein dürften. Mit dem Vorhaben müssten 11 Kantone unter der Woche und 14 Kantone an Samstagen längere Öffnungszeiten gewähren. Der Ständerat hatte dem Geschäft, das auf eine Motion von Filippo Lombardi (CVP/TI) zurückgeht, im letzten Herbst eine Abfuhr erteilt – nun ist die grosse Kammer am Zug.
Ebenfalls in der ersten Woche wird sich der Nationalrat einmal mehr über die Energiestrategie 2050 und deren erstes Massnahmenpaket beugen. Bei der Vorlage, der mittlerweile stark die Zähne gezogen wurden, wird unter anderem über ein Förderkonzept für die Wasserkraft diskutiert.
2. Woche: Wie schlägt sich der neue VBS-Chef?
Die Weiterentwicklung der Armee bildet ein Schwerpunkt der zweiten Sessionswoche, wobei der Ständerat noch einige Differenzen aus dem Weg zu räumen hat – zum Beispiel was die Anzahl der Wiederholungskurse (WK) und den Umfang der Finanzen angeht. Dabei wird sich auch der neue VBS-Chef Guy Parmelin (SVP) erstmals vor den Räten behaupten müssen.
Weiter berät die kleine Kammer in der zweiten Woche über eine Änderung im Zivilgesetzbuch, die unter anderem die Stiefkind-Adoption für Konkubinats- und gleichgeschlechtliche Paare möglich machen soll. Der Nationalrat entscheidet indes über die Abstimmungsempfehlung zur Ernährungssicherheits-Initiative des Bauernverbandes. Die Landwirte fordern darin, dass die Lebensmittelversorgung aus einheimischer Produktion gestärkt wird. Ein Begehren, das der Bundesrat ablehnt. Die Debatte in der Grossen Kammer dürfte einige Zeit in Anspruch nehmen.
Viel Gesprächsstoff und reichlich Emotionen wird wohl auch ein Vorstoss zum Thema Wolf liefern, dessen sich der Ständerat annehmen wird. Die Vorlage sieht vor, dass die Jagd auf den Wolf erleichtert und zudem ganzjährig erlaubt wird.
3. Woche: Die Unternehmenssteuerreform
Die wuchtige Unternehmenssteuerreform III steht zum ersten Mal im Nationalrat auf dem Programm. Diese hat zum Ziel, die steuerliche Attraktivität der Schweiz zu erhalten, wenn auch kantonale Steuerprivilegien aufgehoben werden müssen. Die vorberatende Wirtschaftskommission möchte die Vorlage mit zusätzlichen Entlastungen für Unternehmen anreichern.
In die letzte Sessionswoche fällt auch die Debatte über den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF). Der Ständerat hatte die Vorlage vergangenen September an die Kommission zurückgewiesen mit dem Auftrag, den Netzbeschluss zu den Nationalstrassen darin unterzubringen.
Ein frisches Thema greift die grosse Kammer mit der erleichterten Einbürgerung für eingetragene Partner auf. Den Vorschlag, in diesem Punkt für Gleichstellung mit Eheleuten zu sorgen, hatten vier Fraktionen eingebracht.
Die Energie-Politik kommt dann auch ganz zum Schluss nochmals auf Tapet: Mit der Debatte über die Stromeffizienz-Initiative rundet der Nationalrat die Frühlingssession ab. Das Volksbegehren verlangt, dass der Stromverbrauch in der Schweiz dank Effizienzmassnahmen bis 2035 das Niveau von 2011 nicht überschreitet.
Die Sondersession im April
Um bei der Erledigung der vielen hängigen Geschäfte voranzukommen, führt der Nationalrat vom 25. bis zum 28. April eine Sondersession durch. Im Fokus stehen die Wiedergutmachungs-Initiative und der direkte Gegenvorschlag des Bundesrats. Beide Vorlagen haben zum Ziel, Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen zu entschädigen. Die Stärkung des Kinderschutzes und allenfalls nochmals die Unternehmenssteuerreform III sind weitere wichtige Themen.