Der Bundesrates könnte heute über die Ventilklausel entscheiden. Wird die Schweizer Regierung die Einwanderung aus den alten EU-Ländern (EU-17) mittels Ventilklausel erstmals einschränken? Und wird er die Begrenzung der Einwanderung aus den neuen EU-Ländern (EU-8) beibehalten oder auf Kurzaufenthaltsbewilligungen ausweiten?
Insbesondere der Entscheid zu den alten EU-Ländern wird mit Spannung erwartet. Denn vieles deutet darauf hin, dass das Kriterium für die Einführung der Ventilklausel erfüllt ist.
So hat die Zuwanderung aus den EU-17 in den letzten 12 Monaten weiter zugenommen. Von März 2012 bis Februar 2013 wanderten 56‘980 Personen in die Schweiz ein. Das sind 7,9 Prozent mehr als in der Vorjahresperiode. Die meisten Menschen kamen aus Deutschland, Portugal, Italien und Frankreich.
Falls der Bundesrat Ja zur Ventilklausel sagt, würde er die Zuwanderung allerdings nicht stoppen. Er würde lediglich eine obere Grenze setzen.
Diese Grenze liegt 5 Prozent über der durchschnittlichen Einwanderung der letzten drei Jahre. Für die EU-17-Länder würde dies bedeuten: 3000 Personen weniger als bisher dürften in die Schweiz einwandern.
Trütsch: Der Bundesrat hat auch Angst
Ende April läuft die Frist nun für eine Verlängerung der Ventilklausel im Falle der EU-8 ab. Der Bundesrat müsste also einen Entscheid fällen. Denn es ist seine letzte Bundesratssitzung in diesem Monat. «Er kann allerdings auch nichts entscheiden», sagte SRF-Bundeshausredaktor Hanspeter Trütsch in der Tagesschau.
Bislang hatte der Bundesrat einen Entscheid zur Ventilklausel immer verschoben. Warum das so ist, erklärt Trütsch: «Es ist ein Beschluss, der nach innen (Schweiz) und nach aussen (EU) gut kommuniziert werden will.»
Denn einerseits habe der Bundesrat dem Volk versprochen «wir tun etwas», wenn die Bedingungen für die Ventilklausel erfüllt sind, so Trütsch. Andererseits steige mit verschiedenen Initiativen zur Einwanderung und der Kündigung der Freizügigkeitsabkommen, die ja zur Diskussion stünde, der Druck auf den Bundesrat. «Der Bundesrat hat auch ein bisschen Angst vor dem Entscheid. Denn es steht sehr viel auf dem Spiel», so Trütsch.
«Dann gilt so oder so die volle Freizügigkeit»
Aber nicht nur die Schweiz wartet mit Spannung auf den Beschluss des Bundesrates in punkto Ventilklausel. «Das ist auch eine etwas ungünstige Ausgangslage für die weiteren Verhandlungen mit der EU», erklärt Trütsch.
Man habe in den letzten Tagen den Eindruck gehabt, das Schicksal der Schweiz hänge einzig und allein an der Frage: Ventilklausel Ja oder Nein. Dabei sollte man nicht vergessen, die Relationen zu wahren, betont der Bundeshausredaktor. «Denn im Prinzip gilt die Ventilklausel nur noch bis spätestens Juni 2014. Danach kommt so oder so die volle Freizügigkeit.»
Am Mittwoch wird der Bundesrat im Schloss Prangins am Genfersee über die Einführung, beziehungsweise über die Verlängerung Ventilklausel entscheiden. Sicher ist dies allerdings nicht.